Wallis - Geschrieben am Donnerstag, August 11, 2016 15:11 von Franco - 0 Kommentare
Bergwanderung Col du Grand St-Bernard – Col des Chevaux – Col du Bastillon – Lacs de Fenêtre – Fenêtre de Ferret
11.8.16
Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Bergwanderung Col du Grand St-Bernard – Col des Chevaux – Col du Bastillon – Lacs de Fenêtre – Fenêtre de Ferret
Mit dem Auto fahren wir bis zum Col du Grand St.Bernard 2469 m.ü.M.
Saint Bernard
Der grosse St.Bernard wird als Verbindung zwischen Nordwesteuropa und Oberitalien seit mehr
als 5′000 Jahren begangen. Um den Schutz Gottes bei der gefährlichen Überquerung der Alpen
zu erhalten, huldigten hier oben bereits die Kelten ihrem Gott Pen. Eine grössere Bedeutung
erlangte der Pass zur Zeit der Römer. Zu Ende des 1.Jahrhunderts wurde Pen dem römischen
Gott Jupiter gleichgesetzt; die Römer weihten ihm auf dem Pass einen Tempel und nannten den
Übergang “Summus Poeninus”. Der Pass hatte eine grosse strategische Bedeutung – er war Teil
der kürzesten Verbindung von Italien zu den Legionslagern am Rhein. Als Kaiser Claudius im
1.Jahrhundert Grossbritannien erobern wollte, benutzte er ebenfalls den Grossen St.Bernhard
und liess an seinem Nordportal das heutige Martigny gründen. Die Geschichte des Hospizes auf
dem Grossen St.Bernhard beginnt im Jahre 1050, als Bernhard von Menthon, Erzdiakon von Aosta,
eine erste Herberge auf dem Pass errichtet haben soll und die Ordensbrüder des heiligen
Augustin mit der Betreuung der Reisenden beauftragte. Über die Jahrhunderte wurde das Hospitz
immer wieder vergrössert, um die wachsende Zahl von Kaufleuten, Soldaten und Pilgern
beherbergen zu können. Seine Bedeutung in Europa war beträchtlich. Der Star auf dem Pass sind
aber nicht die Römer und auch nicht die Mönche, der wirkliche Star ist der Bernardiner der
Inbegriff des mutigen und selbstlosen Hundes, der Berggänger aus den schlimmsten Schneestürmen
und aus Lawinen sicher zurück ins Hospitz bringt. Fast jeder weiss es, der legendäre,
lebensrettende Bernhardiner ist Barry und lebte zu Beginn des 19.Jahrhunderts auf dem Hospitz.
In seinen zwölf Dienstjahren soll er nicht weniger als vierzig Menschen das Leben gerettet
haben. Der legendäre, besonders lawinengefährdete Wegabschnitt “Combe de Morts” liegt
übrigens in nächster Nähe des Hospitzes; nach einem ungefährlichen Wegstück wähnten sich die
Pilger in der Nähe des Hospitzes oft bereits in Sicherheit und wurden dann von Lawinen
überrascht. Dieses “gefährliche” Teilstück der Via Francigena sind wir als Pilger gelaufen.
Beim grossen Parkplatz direkt beim Pass haben wir das Auto parkiert. Wir ziehen die
Wanderschuhe an, schultern unsere Tagesrucksäcke, und starten die heutige Wanderung.
Die Tour über die drei Cols am Grand St-Bernard zählt wohl zu den eindrucksvollsten
Unternehmungen für ambitionierte Bergwanderer in dieser Region. Nicht nur die Aussichten auf
die Gebirgsstöcke des Combin im Osten und des Mont Blanc im Westen, die uns wechselweise bei
den Auf- und Abstiegen begleiten werden, sind vom Schönsten; jeder der drei Cols überrascht
wieder mit neuen Einblicken in diese wilde Bergregion. Ein besonderes Juwel sind die Lacs
de Fenêtre, in deren Wassern sich die Fels- und Eisgipfel der Mont-Blanc-Gruppe spiegeln.
Vom Hospitz am Grand St-Bernard zunächst auf der Schweizer Seite die Strasse wieder
80m zurück und linker Hand auf gutem, vom Militär angelegten Weg steil in die Felsen.
Über gletschergeschliffene Felsen wandern wir über Punkt 2497 m.ü.M. zum namenlosen
Übergang 2572 m.ü.M. Führt man über diese Wanderung pedantisch Buch, führt die heutige
Wanderung über vier Übergänge und nicht drei wie vorher erwähnt. Da aber der erste Übergang
keinen Namen trägt, wird er nicht als Übergang dazu addiert. Korrekterweise sind es sogar
wenn man den Grand St-Bernard hinzurechnet, fünf Übergänge. Genug gerechnet wir wandern
weiter. Ohne grossen Höhenunterschied führt der Weg in grasdurchsetztem Felsgelände zum
Col des Chevaux 2714 m.ü.M. mächtig steht der Grand Combin im Osten. Wie so oft haben solche
Übergänge ihre zwei Seiten wie bei Dr.Jekyll und Mr.Hyde. Der Aufstieg war einfach und
und ohne Probleme machbar. Auf der anderen Seite des Col des Chevaux folgt nun über
Punkt 2645 m.ü.M. ein steiler, ausgesetzter und rutschiger Pfad, der uns danach über den
Chemin des Chevaux 2479 m.ü.M. in die Combe de Drône führt. Bei Punkt 2409 m.ü.M. überqueren
wir den Bach Torrent de Drône. In weiten Serpentinen führt der Wanderweg uns nun über einen
Pfad der auf den Col des Bastillon zuläuft. Über eine steinige, wenig geneigte Fläche
zwischen den beiden Seen Petit Leé und Grand Leé geht es weiter leicht aufwärts. Hat man die
beiden kleinen Bergseen hinter sich, geht es zum Schluss steil und über Schutt, aber ohne
nennenswerte Schwierigkeiten, zum Col des Bastillon 2754 m.ü.M. von dem sich fast schlagartig
ein überwältigendes Panorama auftut: Grand Golliat, Mont Blanc, Grandes Jorasses, Mont Dolent
und hinter uns der Grand Combin mit seinen zwei Gipfeln, daneben der Mont Vélan. In der Tiefe
das Val Ferret, direkt unter den steil abfallenden Felsen die drei Lacs de Fenêtre.
Das Val Ferret ist ein ruhiges, tief eingeschnittenes, alpines V-Tal mit einigen kleinen
Ortschaften und umso grösseren landschaftlichen Reizen. Es ist kein Ort der grossen
Skidestinationen, wird nicht vom Durchgangsverkehr gequält und lebt auch im Sommer nicht
von Fun-Parks und Adrenalin-Arenen. Dafür bietet es eine ursprüngliche, weitgehend
unverfälschte Walliser Natur- und Kulturlandschaft und vielfältige Wandermöglichkeiten.
Ganz hinten im Tal liegen auf einem Hochplateau die Lacs de Fenêtre. Treffender könnte
der Name kaum sein, denn von hier oben eröffnet sich einem eine fantastische Rundsicht
über eine eindrückliche hochalpine Landschaft. Im Osten zieht ein verwitterter Bergrücken
von den Monts Telliers zur Pointe de Drône. Etwas weiter rechts, also im Südwesten, reckt
sich der Grand Golliat mit zahlreichen kühnen Zacken wie ein gewölbtes Sägeblatt in den
tiefblauen Himmel. Von den Zacken laufen scharfe Grate in die Tiefe, und in den schmalen
Couloirs dazwischen liegen lang gezogene Gletscherbänder. Deren Wasser vereinigen sich
weiter unten zur Dranse de Ferret, die schliesslich durch das Val Ferret der Rhone
zufliesst. Buchstäblich überragend ist der Ausblick im Westen der Seen mit einer ganzen
Reihe von Gipfeln mit grossen Namen: Grandes Jorasses, Tour Noir, Mont Dolent, Aiguille
d’Argentière und natürlich der Mont Blanc selbst. Schulter an Schulter und mit steil
abfallenden, vergletscherten Felsflanken stehen sie da, als wollten sie das Herz des
Massivs vor einer Gefahr schützen. Die Lacs de Fenêtre sind drei Seen, deren
landschaftlicher Reiz schwer zu überbieten ist.
Wir bleiben eine Zeitlang stehen und bestaunen diese grossartige Aussicht. Auch dieser
Übergang hat seine zwei Seiten. Auf der anderen Seite des Col des Bastillon, führt der
Bergweg steil, rutschig und ausgesetzt unter senkrechten Felsen, in ein Geröllkar und
tiefer zu den drei übereinander liegenden Lacs de Fenêtre. Schwindelfreiheit und
Trittsicherheit ist hier von Vorteil. In dem Moment als wir den Abstieg in Angriff nehmen
wollen, sehen wir eine Gruppe von Frauen die zu uns hinaufsteigen. Wir bemerken sofort,
das diverse “Wanderer” Probleme bekunden. Vorsichtlich laufen wir ihnen entgegen. Es ist
eine holländische Wandergruppe, die sich so wie es aussieht, zu viel vorgenommen hat. Zwei
Frauen sind nicht Schwindelfrei und kraxeln auf allen vieren den Berg hinauf. Die meisten
haben nur kurze Hosen und frieren erbärmlich. Mit grösster Vorsicht lassen wir sie an uns
vorbei. Wäre sehr dumm, wenn sie wegen Angstzustände uns noch in die Tiefe reissen würden.
Dieses Teilstück sollte man auf keinen Fall bei Nässe oder Schnee unter die Füsse nehmen.
Hat man die steile Felswand des Col des Bastillon hinter sich, wandert man über eine Geröll-
und Blockschutthalde mit dem komischen Namen Les Luis Mortau 2658 m.ü.M. Die Markierungen
sind hier schlecht angebracht, oder gar nicht vorhanden, als solches kein Problem, da der
erste der drei Seen uns die Richtung angibt. Über Punkt 2467 m.ü.M. erreichen wir den
unteren der drei Lacs de Fenêtre und zeitgleich der Höhepunkt des Tages. Wollte jemand
den perfekten, idyllischen Bergsee beschreiben – er sollte sich hier inspirieren lassen.
Der unterste der drei Seen liegt, eingerahmt von sanften Hügeln, am Rand einer kleinen
Hochterrasse. Ein paar kleine Bäche schlängeln sich bedächtig durch das Grün und zum See,
hier und dort gesäumt von weissen Teppichen des Wollgrases. Beeindruckend ist das Panorama.
Im Südwesten reicht der Grand Golliat seine kantigen Rippen in den Himmel. Weiter rechts
folgen noch weit höhere Berge, aufgereiht in einer langen Kette von Nadeln und Zacken. Und
ganz hinten, unscheinbar und doch überragend, thront die gleissende Kuppe des Mont Blanc
über allen Gipfeln und über die ganzen Alpen. Hier legten wir unsere Mittagspause ein. Ein
Windhauch streift das tiefblaue Wasser und lässt winzige Lichtlein darüber tanzen. Die
Wellen glätten sich wieder und vor uns breitet sich das Spiegelbild dieser eindrucksvollen
Berglandschaft aus. Der Aufstieg zum Fenêtre de Ferret ist einfach und vom untersten See in
weniger als einer Stunde zu bewältigen. Östlich am unteren See vorbei und südlich 2481 m.ü.M.
zwischen den beiden anderen hindurch steigen wir, vorbei an eigenartigen Felsschichtungen
beidseits des Wegs, zum Fenêtre de Ferret auf. Auch wer nicht Geologe, aber mit offenen Augen
unterwegs ist, dem wird hier etwas Ungewöhnliches nicht entgehen. Zum Passeinschnitt hoch
zieht sich nämlich eine scharfe Trennlinie von zwei Gesteinen, die unterschiedlicher nicht
sein könnten. Zur Linken, also nördlich, leuchten weissliche Gesteinstrümmer und Brocken.
Es handelt sich dabei um Dolomit, der im Erdmittelalter, vor etwa 210 bis 250 Millionen
Jahren, abgelagert wurde. Auf der rechten Seite des Wanderwegs besteht der Berg aus schwarzen,
schiefrigen Gesteinen. Es sind dies paläozoische Tonschiefer, die im Erdaltertum, vor etwa
250 bis 360 Millionen Jahren entstanden. Beide gehören zum Kleinkontinent mit dem Namen
Brianconnais. Im Erdmittelalter gab es nämlich nicht nur Europa und Afrika und dazwischen
das Urmittelmeer Tethys, wie man das in der Schule gelernt hat. Zwischen den beiden grossen
Kontinentalplatten “schwamm” die Brianconnais-Schwelle, eine Art abdriftende Insel. Und hier
bildeten sich die unterschiedlichen Ablagerungsgesteine. Am Fenêtre de Ferret 2695 m.ü.M.
blicken wir nochmals zurück zu den drei Seen. Gross ist der Kontrast zwischen den sanften
Weideböden im Osten und den harten Granitfelsen des Argentière- und Trient-Massiv im Westen,
in denen blauschimmernde Gletscher hängen. Dieses Panorama werden wir noch lange in unseren
Köpfen behalten. Überraschend ist der Tiefblick auf der anderen Seite vom Fenêtre de Ferret
zum Col du Grand Saint-Bernard mit dem kleinen See und dem Hospitz. Sehr fern ragt der
Gran Paradiso über dem Aostatal auf. Längs über das Fenêtre de Ferret verläuft die
Landesgrenze zwischen der Schweiz und Italien. Von unserem Wanderpass geht es in rund einer
Stunde hinab durch italienisches Gebiet zum Grand Saint-Bernard, wo wir bei Punkt 2356 m.ü.M.
die Passstrasse überqueren, um in einem anschliessendem Gegenanstieg über Punkt 2352 m.ü.M.
hoch zur eigentlichen Passhöhe wandern. Im Winter 1976/77 wurde hier eine Schneehöhe von
24,64 Meter gemessen. Der See war erst am 13. August 1977 wieder eisfrei! Unter den grossen
Passübergängen der Schweizer Alpen gibt es einen, der älter ist als alle anderen,
geschichtsträchtiger und auch höher: der Col du Grand St-Bernard, der Grosse St.Bernhard.
Bücher könnte man schreiben über all die Geschichten, Tragödien und Legenden, die sich um
diesen Pass ranken. Heute kennt man diesen Übergang vor allem als wichtige Transitstrecke
des Auto- und Güterverkehrs. Im Hotel Italia kehren wir ein und geniessen im schönen
Restaurante, einen guten Cappuccino.
Hotel Italia
Auf Höhe des Sees überqueren wir erneut die Landesgrenze und erreichen wieder auf Schweizer
Boden, bald das Hospitz der Mönche.
Hospice du Grand-Saint-Bernard
Souvenirshops und Gestelle mit Aberhunderten von Plüschbernardinern empfangen uns. Mitten in
diesem Trubel von Touristen steigen wir die alte Treppe hoch und treten in die Stille des
Hospizes ein, und besuchen die schöne Kapelle. Den Hospitz haben wir schon besucht als wir
auf der Via Francigena den Pilgerstempel geholt haben. Mit dem Auto fuhren wir danach nach
Martigny ins Hotel.
Martigny Hotel
In diesem Hotel fühlen wir uns schon fast wie Zuhause. Das Hotel kann man nur empfehlen.
Hochalpine Wanderung
auf gut angelegten
und markierten
Wegen, die mehrfach
durch Steilabstürze
führen.
Wanderung in einer
eindrücklichen
Landschaft.
Schwindelfreiheit und
Trittsicherheit nötig.
Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 4 1/2 Std. 11,5 km
ca.1050m Aufstieg
ca.1050m Abstieg
2754m höchster Punkt
2346m tiefster PunktÜber einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuenManuela & Franco
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