Wallis - Geschrieben am Freitag, August 26, 2016 22:03 von Franco - 0 Kommentare
Bergwanderung St. Niklaus – Jungu – Wasulicke – Topalihütte
26.8.16
Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Bergwanderung St. Niklaus – Jungu – Wasulicke – Topalihütte
Frühmorgens packen wir unsere Rucksäcke und gehen danach in den
Frühstücksraum. Die Auswahl ist reichhaltig und da wir einen langen
Wandertag vor uns haben, nehmen wir uns Zeit und greifen kräftig zu.
Gut ausgeruht und gestärkt verlassen wir danach das
Hotel La Réserve in St.Niklaus
Hotel La Réserve
Ein kurzes Stück mit dem Auto und schon sind wir beim Parkplatz der
Seilbahn St.Niklaus – Jungen das sich direkt hinter dem Bahnhof befindet.
Jungenbahn
Schon von hier aus erkennen wir unser Ziel: Das Blech der Topalihütte glänzt
in der Sonne. 1500 Höhenmeter trennen die Hütte vom Talgrund. Über den
kaum bekannten aber grandiosen Topali-WeisshornHöhenweg werden wir
über die Wasulücke zur Tobalihütte wandern. Der Europaweg, der hoch über
dem Mattertal auf der Mischabel-Seite Richtung Zermatt führt, hat einige Be-
rühmtheit erlangt. Keineswegs weniger spektakulär, aber nur wenigen Berg-
gehern bekannt ist sein Pendant auf der Westseite des Tales, was wohl auch
daran liegen mag, dass er nicht ganz nach Zermatt hineinreicht, sondern be-
reits nach Randa absteigt. Für unsere Haute Route bedeutet das jedoch fast
schon einen Pluspunkt, denn so werden wir die schönsten Abschnitte beider
Wege kennenlernen: einmal mit dem Panorama der Mischabelkette gegen-
über und am Folgetag dann das gewaltige Weisshorn mit seinen benachbar-
ten Viertausendern. Während für den Europaweg weite Abschnitte neu erstellt
und teilweise aufwendige Kunstbauten erforderlich waren, folgt der Weisshorn-
Höhenweg durchwegs alten Pfaden, die Jäger und Älpler lange vor einer touris-
tischen “Entdeckung” der Schweizer Alpen angelegt hatten. Nur an wenigen
Stellen waren Ausbesserungen und Stege über die wilden Gräben nötig, und
so finden wir hier ein recht authentisches Naturerlebnis, was auf längeren
Strecken aufmerksames Gehen erfordert. Es gibt Pläne, diesen Weg tatsäch-
lich einmal bis Zermatt weiterzuführen, damit würde dieser Weg sein Gegen-
über aus alpiner Sicht leicht in den Schatten stellen. Dazu müssten aber ins-
besondere am Bisbach spezielle Lösungen zum Schutz gegenüber den Gewal-
ten von Lawinen sowie Eis und Steinschlag gefunden und gebaut werden.
Die grosse Euphorie, mit der am gegenüberliegenden Europaweg mit enorm
viel Geld an vielen Stellen Verbauungen, Galerien und Hängebrücken instal-
liert worden sind, hat sich durch mehrfache Zerstörung doch etwas gelegt
und bereitet den Verantwortlichen einiges Kopfzerbrechen und vor allem fin-
anzielle Probleme. Aktuell (2016) ist ein wichtiger Abschnitt des Europawegs
am Grabengufer wegen Beschädigung einer Hängebrücke bereits kurz nach
deren Eröffnung (der ursprüngliche Steig war hier wegen dauernden Stein-
schlagrisiko und wiederholter Zerstörung durch Lawinen im Winter aufge-
geben worden) erneut nicht passierbar und die Wiedereröffnung hängt nicht
nur an ungeklärter Finanzierung, sondern auch an der Notwendigkeit einer
ganz anderen technischen Lösung. Schon der Einstieg in den Topali-Weis-
shornHöhenweg ist ein Erlebnis! Nachdem sich die kleine Älplerbahn in
Bewegung gesetzt hat, schwebt man Augenblicke später luftig über einem
gähnenden Abgrund, während sich die Balfrin- und Mischabelgruppe vis-à-
vis immer prächtiger heraushebt.
Oben bei der Alp Jungu 1955 m.ü.M. herrscht Idylle hoch zwei. Hütten in
typisch Walliser Holzbauweise vor Bergkulisse wie aus dem Bilderbuch.
Ganze elf Viertausender dominieren Jungu. Fast hat man das Gefühl, sie
wollten das kleine Dörfchen bewachen.- Da stellt sich doch die Frage:
Muss man überhaupt noch weiter? Man muss nicht, aber man mochte
vielleicht…
Tour de Cervin
Tour Matterhorn
Denn was verbirgt sich wohl hinten in der abgelegenen Kammer des Jungtals,
was kommt hinter der Wasenlücke, und welche neuen Perspektiven auf die Welt
der Drei- und Viertausender mögen sich dabei ergeben? Bei der Bergstation be-
ginnt nun die Wanderung zur Topalihütte. Die Topalihütte liegt wahrlich in
weltabgeschiedener Lage, die Zustiege sind lang und wegen dem enorm steilen
Relief auch reichlich schweisstreibend. Eine besonders lohnende und dabei so-
gar etwas weniger anstrengende Alternative zum direkten Talanstieg stellt die
hier vorgestellte Route über die Wasulicke dar – vorausgesetzt, man kann die
kleine Seilbahn von St.Niklaus nach Jungu benutzen, denn die ansonsten fäl-
ligen zusätzlichen 830 Höhenmeter würden das Ganze schon etwas extremer
gestalten. Als normale Tagesetappe ab Jungu ist das Ganze aber eine wunder-
bare Tour in einer zunehmend archaisch werdenden Umgebung, zuletzt würde
man kaum noch glauben, dass durch das wüste Gelände irgendeine begehbare
Route zum Joch führen könnte. Gut, da muss man schon wirklich bergfest sein,
trotz bester Markierungen und einigen Fixseilen, insbesondere im Aufstieg ist
das aber für trittsichere Bergsteiger durchaus gut zu schaffen! An der Wasulicke
öffnet sich dann die Sicht auf die Mischabelkette mit Dom und Täschhorn, das
Brunegghorn und die wilden Ostabstürze am Barrhorn – was für ein überirdi-
scher Platz! Und diesen Platz wollen wir nun angehen.
Von der Bergstation Jungu gehen wir die wenigen Meter zur Siedlung, wo am
anderen Ende 1989 m.ü.M. der Weg in das Jungtal beginnt. Durch ein Lärchen-
wäldchen beginnt der Marsch denkbar komfortabel, ehe man bei einer Gabe-
lung dem “Alpenblumenweg” ins Jungtal folgt. Um die Zeit der ausgiebigsten
Blüte zu erleben, ist natürlich eher der frühe Sommer angesagt. Doch auch wer
erst zum Herbst hin hier auftaucht, wenn sich die Matten bereits in Ockertöne
verfärben, nimmt wundervolle Eindrücke mit. Der Weg führt in zwei Kehren
durch Wiesen und lichten Wald aufwärts und quert dann über dem Graben der
Stellimatte 2162 m.ü.M. an die felsige Talstufe, wo er in ein paar weiteren Keh-
ren zwischen den Absätzen den weiten Boden der Jungtal Alp, 2387 m.ü.M.
erreicht. Sobald die Tiere ihre Alp verlassen haben, wird es regelrecht einsam
im Jungtal. Und da die Luft dann meist auch deutlich transparenter ist als in
der wärmsten Jahreszeit, ist dem grossen Staunen (fast) keine Grenze gesetzt.
Eine Hochdrucklage im September ist wie geschaffen für diesen Höhenweg.
Nach dem Alpgebäude führt der Weg rechts über Bergweiden am Hang hoch,
und leitet uns auf die grosse und vollständig begrünte nördliche Seitenmoräne,
hoch über dem Talboden bei Egga taleinwärts. Die Wegspur wird schwächer,
zuweilen ist sie unterbrochen, doch Farbmarkierungen und Steinmännchen
weisen zuverlässig die Richtung. Das einsame Tal wird zusehends steiniger.
Unser weiterer Aufstieg führt uns über die Punkte 2546 m.ü.M. und 2584 m.ü.M.
weiter auf der grasigen Moräne bleibend, westwärts an Punkt 2706 m.ü.M.
vorbei zu den Blockfeldern bei Rinderälpji 2704 m.ü.M. Hier wendet sich der
Weg nach Süden und führt, hervorragend angelegt, über Schotterfelder und
vorbei an steinige Moränenwalle 2797 m.ü.M., auf den kleinen Junggletscher
unterhalb des Wasuhornes zu. Auf den Moränenfeldern im Vorfeld des Jung-
gletschers wird es allmählich ernst! Denn der nordseitige Aufstieg zur Wasen-
lücke (Wasulicke) ist mit Abstand das anspruchsvollste Stück am Topali-Weis-
shorn-Höhenweg. Je nach aktuellen Bedingungen geht man ihn über das ver-
bliebene Gletschereis an oder weicht besser in die morschen Flanken zur Lin-
ken aus. Dabei bekommt die Tour auf jeden Fall eine hochalpine Note. Bei
einer Schwemmfläche mit kleinem Gletschersee in der steinigen Wüste unter-
halb des Junggletscher, legen wir eine kleine Pause ein, und bestaunen diese
einsame hochalpine Umgebung. Dieser grosse steinige und zum Teil eisbe-
deckte Kessel, in dem wir uns nun befinden, wird umrahmt vom Rothorn und
dem Wasuhorn. Von hier aus ist die Wasulicke gut zu erkennen. Ab jetzt sind
bergsteigerische Qualitäten gefragt: ein sicherer Tritt und ein Auge für die al-
lfällige Steinschlaggefahr. Am östlichen Gletscherrand führen die guten Mar-
kierungen auf einen Absatz, 2900 m.ü.M., und weiter an den Fuss des Fels-
aufschwungs eines Nebengrates. Direkt unter dessen Felsen rechts haltend
(Vorsicht vor Steinschlag!) im Schotter am Gletscherrand aufwärts. Es folgt
eine schrofige Steilstufe im schuttigen Gelände, die trotz einiger Fixseile etwas
unangenehm zu überwinden ist. Die Querung eines bröseligen Couloirs ist
trotz etliche unterstützende Fixseilen nicht gerade vertrauenserweckend. Die
letzten Meter sind dann wieder besser gangbar und mit Hilfe weiterer Fixsei-
le gelangt man zur Wasulicke, 3114 m.ü.M. Dieser obere Anstieg kann auch
über eine alternative Fixseil-Strecke vom obersten Gletscherrand gemacht
werden, dann müssen aber in aller Regel für die zwar wenigen, aber dennoch
meist vereisten Meter am Gletscher Steigeisen verwendet werden.
Oben angekommen tut sich eine neue Szenerie auf, und von einem Schritt
zum anderen schlägt sich unsere Anspannung in ein unnachahmliches Gefühl
der Freiheit um. Belohnt wird man auf der Wasulicke von einer Aussicht, als
wäre man auf einem Gipfel. Im Norden grüssen Wildstrubel, Rinderhorn,
Balmhorn, Doldenhorn und der lange Grat der Blüemlisalp. Im Süden sind es
die Mischabelgruppe mit dem Dom und die Monte-Rosa-Gruppe mit der Dufour-
spitze, dem genau auf der Grenze zu Italien liegenden höchsten Punkt der
Schweiz. Auf diesem breiten und ungefährlichen Grat legen wir bei schönster
Aussicht eine Mittagsrast ein. Von der Wasulücke ist die Topalihütte bereits
erkennbar. Silbern glänzt ihre blecherne Hülle in der Sonne. Beim Auf und Ab
und Hin und Her um Moränen und Felsköpfe vergehen jedoch noch rund zwei
Stunden, bis man das Hüttenbier bestellen kann. Das “steinreiche” Wasmutälli
auf der Südseite lässt für die Fortsetzung zunächst einige Mühen erwarten.
Umso überraschender ist es, wie flott und hindernisarm es tatsächlich bis zur
Topalihütte weitergeht, trotz der Blockkare und weiten Moränenlandschaften.
Die Wegebauer haben hier prima Arbeit geleistet, vor allem auch eine gute
Spürnase für den idealen Verlauf bewiesen. Der Abstieg nach Süden beginnt
am schmalen Grat, ein paar Meter nach Südwesten in Richtung Wasuhorn.
Ein kurzes Stück steil auf dem Steig zwischen den Felsen hindurch, dann im
Schotter des Wasmutälli in südlicher Richtung das obere Kar hinausquerend
kommen wir an eine kleine Einschartung im Südostgrat des Wasuhorn,
ca.2960 m.ü.M. Hier leitet der Weg schräg, steil und rutschig in das nächste,
von gewaltigen Schotterflächen gebildete Hochtal unter den Resten des Oberen
Stelligletschers und führt dann nach Süden auf den Moränenhang zu einem
begrünten Absatz bei Punkt 2765 m.ü.M.
Über dem Stellikessel stehen derweil beeindruckende Gipfel mit kantigen
Formen Spalier – echte Hingucker, auch wenn sie auf Dreieinhalbtausender-
Niveau für Walliser Verhältnisse kaum Namhaftes bieten mögen. Doch ge-
rade solche nicht schon tausendfach fotografierten Winkel aufzuspüren,
macht ja einen wesentlichen Teil der Reize am Topali-Weisshorn-Höhen-
weg aus! Die Topalihütte mit seiner modernen isolierender Blechverkleidung
und auf einem prächtigen Logenplatz sitzend, rückt immer näher. Hier tren-
nt uns nur noch das gewaltige, wieder von Schuttmassen dominierte Becken
des Unteren Stelligletschers von unserem Tagesziel.
Der Weg führt schräg der sehr steilen und rutschigen Bergflanke abwärts,
zur nördlichen riesigenSeitenmoräne und deren Kamm hinaus. Insgesamt
nur leicht abwärts geht man dann das schuttbedeckte Becken des Gletsch-
ers auf seine südliche Seitenmoräne aus, quert in das Tälchen zwischen
Moräne und Distulgrat, wo es zuletzt nur wenig ansteigend zur Topalihütte
am Absatz dieses Gratrückens hinausgeht.
Die Topalihütte am Fusse des Distelgrats thront auf einer Höhe von 2674 m.u.M.
auf einem Felsvorsprung oberhalb von St. Niklaus. Sie ist ein perfekter Ausgangs-
punkt für den höchstgelegenen Wanderberg, das eindrückliche, 3600 Meter hohe,
äussere Barrhorn. (Nebenbei erwähnt, haben wir das Barrhorn – via Turtman-
nhütte – bestiegen. Dort oben stehen zu können, war für uns einfach überwältigend.
SAC Topalihütte
Wie immer wenn wir bei einer Hütte ankommen melden wir uns zuerst beim
Hüttenwart/inn. Als wir in den Essraum eintreten erschlägt es uns fast! Die
Hütte ist gemütlich und einladend eingerichtet und besticht mit einem gigan-
tischen Ausblick auf das ganze Mattertal und die Mischabelkette. Das breite
Panoramafenster im Speisesaal macht es sogar möglich, Sonnenuntergänge
während des Abendessens zu bewundern. Was von aussen eher einer grossen
Biwakschachtel gleicht, ist im Innern eine topmoderne Unterkunft, ausgeklei-
det mit hellem Holz, mit heimeligen Schwedenofen, Waschräumen mit flies-
sendem Wasser und kleinen Schlafzimmern mit Kajütenbetten. Die neue
Topalihütte wurde 2003 eingeweiht, nachdem der Vorgängerbau fünf Jahre
zuvor niedergebrannt war. Die 1926 erbaute Hütte war eine Schenkung des
Alpinisten Topali gewesen, zum Gedenken an seinen am Grenzgletscher
tödlich verunglückten Sohn. Da für heute Abend, sich nicht so viele Wan-
derer angemeldet haben, erhalten wir ein Zimmer nur für uns alleine. Hier
an dieser Stelle nochmals einen herzlichen Dank. Wir wissen nun, das wir
diese Nacht – nicht wie dieses Jahr in der Cabane FXB Panossière – durch
laute Schnarchgeräusche geweckt werden. Nach dem Duschen! und anzie-
hen von frischen Kleider geniessen wir auf der Hüttenterrasse die grandiose
Aussicht, und ein kühles Bier. Zusammen mit einem anderen Paar nehmen
wir danach im Speisesaal das gut schmeckende Nachtessen zu uns. Im Es-
sraum wird es still wie bei einer Andacht. Gebannt schauen alle durch das
riesige Panoramafenster der Topalihütte zu Dom und Täschhorn auf der
gegenüberliegenden Seite des Mattertals. Die Sonne geht unter und zaubert
die zartesten Farben auf die Firne der Mischabelgruppe, während vom Tal
her die Nacht die Hänge hinaufschleicht. Die meisten Hüttenbesucher sind
Wanderer, doch wandern heisst hier fast so viel wie Hochtouren unterneh-
men. In der Region der Walliser Eisriesen liegen auch die Wandergipfel
eine Etage höher. Nach dem Nachtessen reden wir noch lange mit dem
anderen Paar. Vieles haben wir gemeinsam.
Zufrieden gehen wir danach schlafen.
Anspruchsvoller Bergweg,
der Erfahrung und
Trittsicherheit
unbedingt erfordert.
Sehr gut markiert und
im Aufstieg zur
Wasulücke mit einigen
Fixseilen abgesichert
dort sind jedoch auch
bröselige Steilabschnitte
zu begehen.
Altschneereste oder
Vereisungen auch im
Sommer möglich.
Hochalpiner Übergang
über einen ziemlich
anspruchsvollem Bergweg.
In den Hochkarren
sehr steiniges Gelände.
Mit dem Topali
Weisshorn Höhenweg
finden ambitionierte
Alpinwanderer ein
absolutes Glanzstück.
Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 5 1/4 Std. 11,5 km
ca.1320m Aufstieg
ca.580m Abstieg
3114m höchster Punkt
1955m tiefster PunktÜber einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuenManuela & Franco
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