Schneeschuh Touren - Geschrieben am Samstag, März 10, 2018 18:27 von Franco - 0 Kommentare

Schneeschuhtour Vnà – Hof Zuort – Vnà

10.3.18

Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Schneeschuhtour Vnà – Hof Zuort – Vnà

Tag I
Mit dem Auto ins Unterengadin nach Vnà 1637 m.ü.M.
Das schmucke Engadiner Dorf liegt am Sonnenhang hoch über dem Inntal. Hier, fast am
Ende der Schweiz im untersten Unterengadin, findet sich viel unverspurtes Weiss und
ungestörte Ruhe. Das gilt auch für den Gang hinein ins Val Sinestra.
Wir durchqueren Vnà ein typisches Engadiner Dorf und laufen bei Punkt 1645 m.ü.M.
geradeaus weiter. Weiter Richtung Zuort laufen wir taleinwärts, und erreichen kurz da-
nach Punkt 1676 m.ü.M. Hier ziehen wir die Schneeschuhen an, und laufen weiter ge-
radeaus. Jetzt aber nicht mehr auf der Strasse, sondern immer leicht oberhalb. Vorbei
an Pradè und Mundaditsch erreichen wir im Wald von God Chavradüra, die ein bisschen
unter uns liegende Weggabelung bei Punkt 1741 m.ü.M. Hier zweigen wir rechts ab und
steigen durch den Wald von God Chavradüra leicht aufwärts. Es fängt leicht an zu schnei-
en als wir durch den tief verschneiten Wald die Abzweigung bei Punkt 1787 m.ü.M. errei-
chen. Der normale Schneeschuhtrail zieht hier, auf fast gleich bleibender Höhe, über Pra-
schan nach Pra San Peder weiter. Wir steigen aber weiter aufwärts und stapfen durch Knie
hohen Tiefschnee, durch den Wald von Pradatsch. Unter einer grossen Tanne suchen wir
Schutz und geniessen das mitgebrachte sehr gute Mittagessen. Nach einem kleinen Apéro
mit Wurst und Käse, schmeckt die mitgebrachte Bündner Gerstensuppe hervorragend.
Nach dieser schönen Mittagsrast packen wir wieder alles ein, und wandern weiter durch
den Winterzauberwald. Nun leicht ansteigend erreichen wir bei ca. 2000m das Val Mains,
wo wir den Bach über eine Brücke überqueren. Schnell verlieren wir nun an Höhe und
erreichen bei Punkt 1812 m.ü.M. wieder den normalen Schneeschuhtrail. Der kleine fakul-
tative Schwenker hatte sich gelohnt. Über einen breiten Weg erreichen wir kurz danach
die Maiensässe von Pra San Peder 1828 m.ü.M.
Der San Peder, also der heilige Petrus, meint es gut mit dem Val Sinestra, bringt genügend
Niederschlag und lässt die Schneedecke tüchtig anschwellen. Jahrhundertealte Lärchen
ächzen unter der Schneelast. Weit unten am Talende des Val Sinestra ein kleiner, im
Schnee verwaister Weiler. Hof Zuort heisst er, übersetzt “tauber Hof”, unser Tagesziel.
Bei Punkt 1842 m.ü.M. biegen wir bei der Weggabelung links ab, und folgen dem Weg bis
zu deren Ende beim Hof Griosch 1816 m.ü.M. im Talesinnern. Der Schneeschuhtrail führt
nun einen Bogen durch, und führt uns nun alles talauswärts. Das durchqueren der kleinen
Ebene bei Griosch ist Schneeschuhlaufen vom feinsten. Wir peilen nun die kleine Brücke
bei Punkt 1748 m.ü.M. an. Nach dem überqueren des Baches geht es dem Bach entlang
leicht abwärts Richtung Zuort. Der Flurname Zuort bezeichnet seit Urzeiten eine sanft
­ansteigende Waldlichtung am Ursprung des Val Sinestra. Plötzlich und unerwartet taucht
der Hof Zuort 1714 m.ü.M. weitab von Lärm und Hektik inmitten der Bergwelt, als helle
Lichtung aus dunklen Tannen.
Hof Zuort
Seit 1482 ist Zuort als Lehenhof im Eigentum der Gemeinde Sent dokumentiert, während
Jahrhunderten diente der alpine Bauernhof auch als Zollstation.
Hier bei der ehemaligen Zollstation vor dem Fimberpass, ziehen wir unsere Schneeschuhen
ab. Dankbar, hier hinten im Winter überhaupt etwas warmes serviert zu bekommen, tre-
ten wir ein – und sieht sich geblendet: Graziöse Tiroler Belle Epoque glänzt einem entgegen.
Eine grosse Eule schaut uns grimmig an, daneben eine riesige rustikale Wanduhr. Herzlich
werden wir vom Wirtepaar begrüsst.
Zum persönlich geführten Hotel samt Restaurant gehören 6 stilvolle Zimmer, auf Wunsch
können im separaten Chalet ausserdem zwei Suiten gemietet werden. Serviert werden auf
der Sonnenterrasse oder in der Stube einheimische Spezialitäten und regionale Weine.
Ein uriges, gemütliches Haus für Naturliebhaber. Genau das richtige für uns.
Vor einhundert Jahren unternimmt der Holländische Dirigent Willem Mengelberg
(1871–1951), eine prominente Persönlichkeit innerhalb der Musik-Avantgarde des zwan-
zigsten Jahrhunderts, eine Wanderung von seinem Ferienort Scuol-Tarasp aus Richtung
Fimberpass mit Ziel Ischgl im Paznaun. Er kommt dabei in Zuort vorbei und ist von die-
sem mystischen Ort begeistert. Er hat soeben seinen verehrten und berühmten Freund
Gustav Mahler in dessen Tiroler Bauernhaus in Toblach im Pustertal besucht. So etwas
wünscht auch er sich! Zuort soll seine Sommer-Residenz werden.
Gesagt getan. Das Chalet, von ihm entworfen und von der einheimischen Familie Lanfran-
chi erbaut und von Schweizer Schnitzern, teils Einheimischen, reich dekoriert, ist in sei-
ner ersten Version 1911 fertig gestellt.
Sein grosser Freundeskreis, darunter Richard Strauss und der Prinz der Niederlande,
verbrachten hier ihre Sommerferien.
1920 kauft er von der Bauernfamilie Frigg den Hof mit Landwirtschaft dazu. Dessen Neffe
Clot Corradin ist über zehn Jahre Pächter und als eigentlicher Bauführer verantwortlich.
Er wird selber zum Kunsthandwerker, unter Anleitung des Schnitzers Häfner aus Strada
und dem Luzerner Furrer. Diese bauen die Votivkapelle als Blockbau im Norwegischen
Baustil, und fertigen die kunstvolle Einrichtung (alpine Schnitzkunst) inklusive Kirchen-
bänke und Altar. Alles nach exakten Vorgaben Mengelbergs. Der 1928 eröffnete Bau en-
tstand auch als Denkmal zur Erinnerung an die Bewahrung der Schweiz und Hollands
im Ersten Weltkrieg. Auch das Glockenspiel, ein sogenanntes Carillon – eine ausgespro-
chene Spezialität der Holländer – wird in Form von 15 Glocken, welche über eine Klavia-
tur bedient werden, von der berühmten und heute nach wie vor aktiven Glockengiesserei
Rüetschi Aarau, auf dem First der Kapelle installiert. Es funktioniert noch heute. 1951 ist
das Todesjahr Mengelbergs. In weiser Voraussicht hat er den Lehenshof mit Land und
allen Gebäuden in eine Stiftung mit seinem Namen eingebracht. Somit konnten während
rund 50 Jahren unzählige Musiker in den Sommerferien die Chasa besuchen und wurden
vor Ort bis Sommer 1987 von Frl. Elly Heemskerk, als eigentliche Behüterin der Chasa,
selbst im Stiftungsrat, bis ins hohe Alter, liebevoll betreut. Sie war Tochter eines berühm-
ten Holländischen Admirals (Spitzbergen) und im Concertgebouw-Orchester Mengelbergs
(40 Jahre lang war er Dirigent) ab 1918 erste Geigerin.
Bis zu Kriegsbeginn war Willem Mengelberg neben der Holländischen Königin die popu-
lärste Figur in Holland und unter anderem sogar Träger des höchsten Oranje Ordens.
Sechzig Jahre später erfolgt Anfang 2010 der Verkauf, sozusagen der Beginn einer Zwi-
schenphase. Es ist erklärtes Ziel des derzeitigen Eigentümers Dr. med. Peter Robert Berry,
der sich selbst als “Schwungrad und Brücke für Zuort ad Interim” bezeichnet, dass der
historische Lehenshof Zuort mit seinen Gebäuden und 16 Hektaren Land umgehend wie-
der in ein sinnvoll verwaltetes kollektives Eigentum übergeht. Ganz im Sinn des nachhal-
tigen Lehensvertrags von Sent, aus dem Jahr 1482. Der Gasthof und das Chalet als Dé-
pendance werden ganzjährig betrieben Hof Zuort gehört seit Herbst 2012 zur Gruppe
der Swiss Historic Hotels.
Die historischen Doppelzimmer, die wir beziehen, sind alle so wie vor 100 Jahren aus-
gestattet. Mobiliar, Spiegel, Nachttischlämpchen und auch die Wasch-Schüssel sind
von dieser Epoche. Wir machen uns im schönen und modernen Bad frisch, ziehen
andere Kleider an und gehen hinunter in die Gaststube.
Die antike Gaststube mit wertvollem Holzboden, Täfer und Stubaier Decke aus
früheren Jahrhunderten bietet den Gästen ein sonst kaum noch anzutreffendes
Ambiente eines alten Engadiner Berghofs und eines Belle-Epoque-Chalets.
Wir bestellen uns etwas zum Trinken und der berühmte Zuorter Kaiserschmarren.
Schon nach dem ersten Biss müssen wir eingestehen, das ist der beste Kaiserschmar-
ren den wir je gegessen haben. Schnell vergeht die Zeit und schon erscheint das
Nachtessen. Es werden Engadiner Köstlichkeiten serviert. Pizokel mit Steinpilzen
und als Nachspeise Bündern Nusstorte, die einfach himmlisch ist. Lange sitzen wir
mit unseren Freunden in dieser heimeligen Gaststube, bevor wir uns in unseren
Schlafgemächer zurückziehen.

Einfache und
nicht zu lange
Schneeschuhtour.
Der Aufenthalt
im Hof Zuort ist
ein Muss.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 3 Std. 7,5 km
ca.350m Aufstieg
ca.270m Abstieg
1896m höchster Punkt
1637m tiefster Punkt

11.3.18
Tag II
Gut haben wir im Belle-Epoque Gästezimmer geschlafen. Wir packen unsere Rucksäcke
und laufen hinunter in die Gaststube. Ein reich gedecktes Frühstücksbuffet erwartet uns.
Bei so vielen Köstlichkeiten wissen wir nicht wo wir anfangen sollen. Wir geniessen das
Essen und die Zweisamkeit mit unseren Freunden. Nach dem Essen erhalten wir von
unserem Gastgeber den Schlüssel für das Chalet das wir gerne besichtigen möchten.
Als wir den Schlüssel umdrehen und die Türe öffnen, wähnen wir uns in einem Museum.
Die Zimmer sind noch so eingerichtet wie anno dazumal. Im Chalet ist durchwegs die
Originalmöblierung wie vor hundert Jahren zu bestaunen. Alle Zimmer sind mit rustikale
und historische Möbel der Belle Epoque ausgestattet.
Wir schliessen hinter uns die Türe zu und laufen über den Tiefschnee zur kleinen Kapelle.
Die komplett aus Holz hergestellt Kapelle ist ein Besuch wert. Überall sind Schnitzereien
zu sehen. Wir sind überwältigt.
Nach diesem interessanten Rundgang verabschieden wir uns vom Wirtepaar. Wir bedan-
ken uns nochmals für die sehr freundliche und zuvorkommende Bedienung. So sollte es
immer sein. Da können sich noch viele Hoteliers eine Scheibe abschneiden.
Auf der Alpstrasse laufend, verlassen wir den Hof Zuort 1714 m.ü.M. Der Rückweg ist
schnell erklärt. Alles auf der schneebedeckten Alpstrasse laufend, überschreiten wir
über eine Brücke einen Bach 1689 m.ü.M. Vorbei an Punkt 1741 m.ü.M. und 1645 m.ü.M.
erreichen wir Vnà 1637 m.ü.M. Ein sehr schönes und interessantes Winterwochenende
geht zu Ende.

Einfache Winterwanderung
auf breiter gespurter
Alpstrasse.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 1 1/2 Std. 4,5 km
ca.140m Aufstieg
ca.240m Abstieg
1742m höchster Punkt
1637m tiefster Punkt

Über einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuen

Manuela & Franco



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