Wallis - Geschrieben am Donnerstag, August 2, 2018 10:31 von Franco - 0 Kommentare
Bergwanderung Ausserberg – Baltschiederklause – Ausserberg
2.8.18
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Bergwanderung Ausserberg – Baltschiederklause – Ausserberg
Tag I
Gut haben wir im Hotel Tenne in Reckingen geschlafen.
Hotel Tenne
Nach einem stärkenden Frühstück starten wir unsere heutige Wanderung. Mit dem
Auto fahren wir nach Visp, und danach weiter nach Ausserberg. Wir durchqueren
das schöne Walliserdorf und fahren weiter aufwärts bis nach Choruderi 1259 m.ü.M.
Heiss ist es als wir beim Parkplatz aus dem Auto aussteigen. Bevor wir unsere Ruck-
säcke für die 2-tägige Wanderung schultern, lassen wir unseren Blick noch einmal
über das breite Rhonetal zu unseren Füssen schweifen. Der Kontrast zwischen der
naturnahen, mosaikartigen Landschaft der “sonnigen Halden” und dem intensiv-
kultivierten und überbauten Talboden mit der begradigten Rhone könnte kaum
grösser sein. Mit weniger als 600mm Niederschlag pro Jahr, gilt das Wallis als
trockenste Region der Schweiz, bei mehr Sonnentagen als das Tessin. Besonders
sonnig ist es, bedingt durch das schroffe Landschaftsprofil, an den Südhängen der
Berner Alpen. Die “Sonnigen Halden” ziehen sich von Leuk bis in die Gegend von
Brig. Unsere heutige Wanderung wird uns hinauf zur Baltschiederklause führen.
Lang sind die Wege hinauf zur Baltschiederklause. Lange wird auch die Erinnerung
an diese Wanderung anhalten. Denn im unteren Teil beeindrucken die kühnen
Suonen, im oberen Teil dominiert die Natur. Bei dieser Wanderung ist eine Suone
von grosser Wichtigkeit. Bevor man von hier die Wanderung in das Baltschiedertal
unter die Füsse nehmen möchte, muss man eine wichtige Entscheidung fällen und
die lautet: Niwärch Suone oder Stollen. Die Begehung der Niwärch Suone erfordert
Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Wer sich unsicher fühlt, bietet sich als Alter-
native der anderthalb Kilometer lange Niwärch Wasserstollen, Taschenlampe und
Jacke mitnehmen. Der Stolleneingang befindet sich ein paar Gehminuten oberhalb
vom Parkplatz. Der Bau des Stollens im Jahr 1972 machte die alte Leitung überflüssig,
und die Holzkännelromantik am Niwärch schien für immer verloren. Die Rettung
kam, als einige Mitglieder des SAC sich bereit erklärten, den Unterhalt der historischen
Suone zu übernehmen. Für uns stand schon zu Beginn der Wanderung fest, wir wollen
dieses Meisterwerk der Bewässerung besuchen. Was gibt es Angenehmeres an einem
heissen Sommertag an der Lötschberg-Südrampe, als das leise Plätschern des Wassers
in den Suonen? Ein paar Meter und wir erreichen vom Parkplatz aus, die grosse Links-
kehre bei Punkt 1264 m.ü.M. Wir verlassen die Strasse und schon befinden wir uns
im Gebiet des Welterbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn.
Welterbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn
Der jetzt noch einfache Wanderweg führt uns nun hinein in das Baltschiedertal. Das
Baltschiedertal ist das längste der Bietschhorn-Südtäler. Seit 1986 steht es unter
Schutz und hat deshalb, trotz einiger kleiner Veränderungen, seinen naturnahen
Charakter bewahren können. Die heutige Wanderung wird die verschiedenen Vege-
tationszonen dieses inneralpinen Tales berühren, von der trockenheissen Bewässe-
rungslandschaft bis zur Felsenwüste im Umfeld der Gletscher. Um diese landschaft-
liche Spannbreite auch geniessen zu können, braucht es etwas Kondition. Bald ist
unser erstes Etappenziel die Niwärch Suone erreicht. Mit 14 Kilometer Länge ist sie
die längste noch betriebene Suone der Südrampe. Früher versorgten 76 Kilometer
Suonen die Gemeinde Ausserberg mit der kostbaren “Gletschermilch”. Heute wird
davon nicht einmal mehr die Hälfte benutzt. Stollen, Metall- und Betonschächte so-
wie Kunststoffleitungen sind an die Stelle der alten Anlagen getreten. Das Problem
des prekären Wassermangels an der Südrampe – es gibt fast keine Quellen und die
Berghänge sind einer starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt – scheint man im Griff
zu haben: Rund um Ausserberg ist die Landschaft saftig grün. Überall schiessen fest
installierte, weit reichende Spritzanlagen ihre Wasserfontänen in die Luft. Gleich zu
Beginn der Felskonstruktion ist ein “Wächter” eingebaut, ein Wasserrädchen, das
mit einem lauten Hämmerchen anzeigt, ob da Wasser in der Suone einwandfrei flie-
sst. Die Niwärch Suone führt bald in das steile Felsgelände des Lowigraben; teilweise
sehr exponiert quert sie diese Abbrüche. Der Weg ist sehr luftig und ausgesetzt, führt
teilweise über Känel und entlang von senkrechten Felsen. Hier ist Trittsicherheit und
Schwindelfreiheit unerlässlich. Bei Regen oder Schnee ist das begehen der Niwärch
Suone ein sehr gefährliches Unterfangen und wird dringend davon abgeraten.
“Niwärch” bedeutet “Neuwerk”, was bei einer über 600-jährigen Suone etwas seltsam
anmutet. Der Name ist jedoch geschichtlich begründet: Als bei Ausbesserungsarbeiten
an einer Leitung aus dem Bietschtal nach Ausserberg im Jahr 1311 an einem Tag zwölf
Männer verunglückten, gab man diese Suone auf und plante ein “neues Werk”, das
das kostbare Nass aus dem benachbarten Baltschiedertal herleiten sollte. Vorsichtig
Schritt um Schritt durchqueren wir diese waghalsige Felsenkonstruktion mit seinen
schmalen Latten neben oder auf hängenden Holzkänneln. Ungeheuer verwegen führt
die Suone durch die senkrechten Felswände und tiefe Rinnen. Bei Holz erreichen wir
die bewachsene Steilflanke. Weiterhin alles der Suone entlang, die nun als Erdrinne
neben uns verläuft, tauchen wir in den orchideenreichen, weitgehend sich selbst
überlassenen Föhrenwald hinein. Wir erreichen Punkt 1291 m.ü.M. Unter uns (vom
Wanderweg aus nicht ersichtlich), befindet sich der Stollenausgang. Der untere
Wanderweg der zum Stollen führt, und der Wanderweg auf den wir uns befinden,
verläuft nun parallel aber höhenversetzt weiter taleinwärts. Viel fehlte in den 1980er
Jahren nicht, und im Baltschiedertal wäre ein grosses Wasserkraftwerk gebaut wor-
den. Doch einmal siegte der Schutzgedanke über den Kommerz, und seit 1986 steht
die alpine Idylle unter Naturschutz. Nur langsam kommt der Baltschiederbach nä-
her, bei den Hütten von Ze Steinu 1296 m.ü.M. ist der Talgrund erreicht. Auf der
Alp Ze Steinu im Baltschiedertal im Gletscher- und Felsengebiet von Bietschhorn,
Lötschentaler Breithorn und Nesthorn hat neben der Niwärch auch die Gorperi
Suone ihre Fassung. Wir wandern weiter in das wildromantische Tal hinein und
müssen bei Üssers Senntum riesige Altschneefelder und Lawinenkegel überqueren.
Das Baltschiedertal gehört zu den einsamsten Walliser Seitentäler und ist umrahmt
von wuchtigen Felszacken. Wanderer finden in diesem Tal winzige Weiler, lichte
Wälder und abenteuerliche Suonenwege. Und wer genau hinschaut sieht die schön-
ste Felspyramide der Alpen: das Bietschhorn. Bei Punkt 1386 m.ü.M. lassen wir
den links abbiegenden Wanderweg der zum Klettersteig hinaufführt unbeachtet,
überqueren wieder riesige Altschneefelder und erreichen danach den idyllischen
Rastplatz von Inner Senntum 1476 m.ü.M. mit der urigen Alpsiedlung Eiiltini. Hier
quert der Wanderweg über eine Hängebrücke den schäumenden Baltschiederbach.
Auf der nun orografisch linken Talseite begleitet vom Rauschen des Baches, geht es
gemütlich weiter nach Chiemattu und anschliessend in vielen Kehren 1889 m.ü.M.
den steilen Hang von Martini hinauf zur Martischipfa 1940 m.ü.M. Hier biegt rechts
die weiss-blau-weisse Bergweg-Variante zur Hütte ab. Wir bleiben auf dem norma-
len Wanderweg und überqueren über eine massive Eisenbrücke, abermals den Bach.
Zwischen Alpenrosen führt der nun wieder steilere Wanderweg alles aufwärts. Bei
einem schönen Aussichtspunkt mit Blick ins Tal hinunter, legen wir die Mittagspau-
se ein, wohlwissend das es noch lange dauern wird, bis wir vor der Baltschiederklau-
se stehen. Der Hunger ist gestillt, die Füsse wieder frisch, der Körper ausgeruht, wir
nehmen den Aufstieg zur Hütte in Angriff. Vorbei an kleinen Tümpeln erreichen wir
die kleine spezielle Hohbitzu-Kapelle 2199 m.ü.M. Der links abbiegende Bergweg
zum Stockhornbiwak lassen wir unbeachtet, und wandern weiter taleinwärts.
Stockhornbiwak
Vorbei an Punkt 2276 m.ü.M. gelangen
wir ins Gletschervorfeld des Innere- und Üssere Baltschiedergletschers, wo wir gleich
zeitig wieder auf den Baltschiederbach stossen. Bei jedem Hangrücken das wir hinter
uns lassen, sind wir gespannt, ob die Hütte vor uns auftaucht. Das tut sie eigentlich
auch, wenn man den Kopf etwas unangenehm weit in den Nacken legt. Der Wander-
weg wird nun definitiv alpiner. Vorher dominierten Alpen im satten Grün. Ab jetzt
Stein, Fels und Eis. Die Szenerie erinnert an Bilder aus dem Himalaya oder Alaska,
die karge Landschaft, der x-fach verzweigte Bach, die steilen Felswände und darüber
die hohen Schneegipfeln, allen voran das majestätische Bietschhorn. Deutlich ist nun
die Hütte noch ganz klein, oben am Fuss des Jägihorn Südgrates zu erkennen. Wir
durchqueren die wilde Mäanderlandschaft 2275 m.ü.M. des jungen Baltschiederbach.
Bis zur Hütte erleichtern nun diverse Alustege und Brücken das Überqueren der un-
zähligen Gletscherbäche. Noch 500 Höhenmeter sind es bis zur Hütte, aber der Weg
ist angenehm, nicht zu steil angelegt. Gleichzeitig weitet sich der Blick nun immer
mehr und im Süden grüssen das Weisshorn, die Mischabel- und Weissmiess-Grup-
pe. Wir erreichen die Wegkreuzung bei Punkt 2438 m.ü.M. Von rechts stösst der
weiss-blau-weisse Bergweg-Variante von Martischipfa hinzu. Über Geröll und
Schutt führt der Bergweg nun steil aufwärts 2556 m.ü.M. Der Wanderweg ist im-
mer gut ersichtlich, markiert und nicht ausgesetzt. Kurz vor der Hütte muss noch
ein steiles Altschneefeld durchquert werden und endlich stehen wir vor der
Baltschiederklause 2783 m.ü.M.
Baltschiederklause
Ganz hinten im Baltschiedertal steht am Südhang des Jägihorns die Baltschieder-
klause – keine Einsiedelei, sondern eine Hütte des SAC. Für konditionsstarke Berg-
wanderer bildet das Haus ein Tourenziel; allein schon der Blick über den Üssere
Baltschiedergletscher auf den mächtigen Felsklotz des Bietschorns lohnt den weiten
Weg. Obwohl nicht ganz 4000 m hoch, zählt der Berg zu den ganz Grossen der
Schweizer Alpen. Erstmals bestiegen wurde er 1859. Wir melden uns bei der Hütten-
wärtin an und beziehen unsere Betten. Draussen bei schönster Aussicht, können
wir sogar warm duschen. Wir sind begeistert. Mit frischen Kleider sitzen wir danach
auf der Hüttenterrasse und bestaunen die grandiose Hochgebirgswelt. Das Nacht-
essen ist sehr gut und wir verbringen einen gemütlichen Hüttenabend inmitten
einer grossartigen Bergwelt.
Anstrengende, aber sehr
lohnende Bergwanderung,
markiert oder mit gut
erkennbarem Pfad.
Keine ausgesetzte Stellen.
Die Suonen Wanderung bietet
eindrückliche Tiefblicke
und einen Hauch Abenteuer
und sollte nur von schwindel-
freien und Trittsicheren
Wanderer und bei guten
Wetterverhältnissen
begangen werden.
Am Niwärch einige sehr
ausgesetzte Passagen.
Regelmässige Wegweiser
und Markierungen auf
dem ganzen Hüttenweg.
Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 5 1/4 Std. 11,5 km
ca.1760m Aufstieg
ca.260m Abstieg
2783m höchster Punkt
1264m tiefster Punkt
3.8.18
Tag II
Ausgeruht stehen wir auf, packen unsere Rucksäcke und geniessen danach ein stär-
kendes Frühstück. Mit der Gewissheit wieder einmal eine schöne Hütte in einer
traumhaften Umgebung besucht zu haben, verabschieden wir uns vom Hüttenteam
und nehmen den Abstieg unter die Füsse. Während dem Abstieg geniessen wir die
traumhafte Aussicht auf das Weisshorn, die Mischabel- und Weissmiess-Gruppe.
Der Rückweg erfolgt über denselben Weg wie der Aufstieg, zumindest bis zu den
Hütten von Ze Steinu 1296 m.ü.M. Hier gibt es mehrere Wege nach Ausserberg.
Geradeaus geht es über die Niwärch, die haben wir am Vortag schon besucht.
Weitere Varianten sind die Undra Suona, die Gorperi Suone oder durch den Stollen.
Die Undra Suona kommt für uns nicht in Frage, weil diese Suone viel tiefer als der
Parkplatz wo unser Auto steht hindurchführt. Die Gorperi Suone führt nicht Rich-
tung Ausserberg. Wie geplant werden wir durch den Stollen laufen. Bei der ersten
Hütte bei Ze Steinu biegen wir also links ab. Achtung aus unerklärlichen Gründen
ist beim Wegweiser kein Hinweis zum Stolleneingang vorhanden. Ein paar Meter
unterhalb dieser Weggabelung ist ein Wegweiser mit allen Informationen vorhan-
den. Wir wandern talauswärts. Über unsere Köpfe führt parallel der Wanderweg
zur Niwärch Suone. Wir erreichen die Weggabelung bei Punkt 1279 m.ü.M. Möchte
man über die Gorperi Suone nach Eggerberg wandern, biegt man hier links ab. Der
Name Gorperi Suone leitet sich vom Begriff Korporation ab. Links abbiegen muss
man auch, wenn man über die Undra Suone weiter talabwärts wandern möchte.
Über Geissbalma würde man danach Ausserberg erreichen. Über einen wunder-
schönen Höhenweg wandern wir auf gleichbleibender Höhe weiter geradeaus und
erreichen schon nach kurzer Zeit der Stolleneingang Nord 1280 m.ü.M. Wir ziehen
die wärmenden Jacken an und schalten die Stirnlampen ein. Wir öffnen die Eisen-
türe und wir haben das Gefühl wir öffnen gleichzeitig eine Kühltruhe. Eisige Kälte
empfängt uns. Wir laufen durch diesen kalten und nassen Stollen und denken an
die alten Suonen die früher im Wallis erbaut wurden.
Über Jahrhunderte waren Suonen die Lebensadern des Wallis und das Schicksal
ganzer Dorfschaften. Sie vereinten die Leute, gaben aber auch Anlass zu langen
Prozessen. Arbeiten an den Leitungen waren gesellschaftliche Ereignisse, z.B. die
Inbetriebnahme der Bisse von Savièse. Vor dem Öffnen der Schleusen segnete der
Pfarrer die Arbeiter und die Bisse. Walderde, die von Kindern und Frauen in die
Suone gelegt wurde, stopfte die Ritzen in den Bretterkanälen. Um die dickflüssige
Masse (Béra) zu bremsen, sprangen Männer ins Bachbett und hielten diese auf, bis
der Werkleiter rief: “Es ist gut, weiter!”. Dies wiederholte sich drei Stunden lang.
Am Felseneinstieg erbauten die Savièser zu Ehren der heiligen Margarita eine Kape-
lle, und an Fronleichnam begleiteten vier Arbeiter der Suone den Priester mit bren-
nenden Kerzen. Jeder Ort hatte seine Rituale rund ums Wasser. Der Glaube an
Gottes Macht und Schutz spielte eine grosse Rolle. An Sonntagen zu wässern war
verboten. An einigen Orten wurden diese Stunden zu Gunsten der Kirche verstei-
gert. Ein schweres Vergehen war der Wasserdiebstahl. Im heissen Mittelwallis wur-
de rund um die Uhr gewässert. Wo der Tag ausreichte, holte der Wässermann das
Wasser frühmorgens am Rottenschlag und führte es in die oberste Wasserleite sei-
nes Grundstückes. Jetzt schlug er drei bis vier Metall- oder Steinplatten schräg in
den Kanal, damit das kostbare Nass gleichmässig über die Wiese fliessen konnte.
War ein Streifen bewässert, setzte er die erste Platte hinter die letzte und fuhr so
fort bis ans Ende seiner Wässerzeit. Mann oder auch Frau schauten, das keine
Spanne Boden trocken blieb. Am untern Parzellenrand stand oft ein Knabe und
meldete, wenn das Wasser dort ankam. Der Junge leitete das “Zettwasser” sicher
weiter oder auf den nächsten Wiesenabschnitt. Wurde ein Hang zu sehr durchnässt,
konnte es zu schlimmen Rüfen kommen. Die Felder wurden ab Mai in einem Turnus
von zwei oder drei Wochen je nach Notwendigkeit vier bis achtmal bewässert. Bei
Reben und Äckern zog man waagrecht zwischen den Pflanzenreihen zur Verteilung
des Wassers kleine Gräben. Der Unterhalt der Suonen war Aufgabe der Gemeinschaft.
Sobald die Schneeschmelze es erlaubte, bauten Männer und Frauen die in Sicherheit
gebrachten Teile wieder auf und behoben alle Winterschäden. Sie legten die Leitung
frei, schlugen das Wasser an und stopften undichte Stellen. Ab sofort oblag die Auf-
sicht dem Sander. Er musste die Suone täglich abschreiten, kleinere Reparaturen
ausführen und den Gletschersand aus der Leitung entfernen, daher der Name Sander.
Sein Helfer war ein im Kanal eingebautes Schaufelrad, das einen Holzhammer hob
und auf ein hohles Brett fallen liess. Floss kein Wasser mehr, setzten die Schläge
aus, was den Wasserhüter alarmierte. War die Suone an einer lebensgefährlichen
Stelle unterbrochen, wurde der Mann, der in die Wand steigen musste, laut Über-
lieferung per Los bestimmt. Der Unterhalt war sehr aufwändig. In Savièse standen
bei der Instandstellung 200 Mann zwei Wochen lang im Einsatz. Die Riederi koste-
te bei einem Stundenlohn von 30 Rappen jährlich um 2′000 Franken. Die Sage,
wonach die Rieder jeden Frühling den besten Mann verlieren, wurde am 16. Mai
1927 wieder zur traurigen Wahrheit. An diesem Tag stürzte der Sander Emanuel
Margelisch, Vater von sechs Kindern, zu Tode. Die Zahlen zum Nutzen des Wäs-
sern variieren. Einig sind sich alle, dass es den Futterertrag steigert, wobei der
Einfluss auf die Qualität grösser sein soll als auf die Quantität. Ohne Bewässerung
würden die Wiesen früh vergilben und gäben strohähnliches Heu. Auch die Suone
selbst verliert viel Wasser und lässt so Bäume und Gräser besser gedeihen und fes-
tigt derart ihren Lauf. Dies zeigt sich markant auf der rechten Talseite bei Salgesch,
wo Grünstreifen die Felspartien durchziehen. Dazu steht im Reglement der Grand
Bisse von Vercorin 1836, dass es verboten ist, zwei Klafter über und neun unter der
Suone einen Baum oder eine Pflanze zu fällen oder auszureissen. Der positive Ein-
fluss der Bewässerung auf das Graswachstum ist offensichtlich. Weniger bekannt
ist, dass die im Wasser gelösten Mineralien eine düngende Wirkung haben. Der
Schlick der Gletschermilch begünstigt die Vielfalt der Flora, während das Bere-
gnen mit geklärtem Wasser aus Speicherbecken deren Verarmung zur Folge hat.
Weil die Walliser der festen Überzeugung waren, sie seien diejenigen, die am bes-
ten wüssten, wie man ihre Matten wässere und deshalb das Hilfeangebot des lie-
ben Gottes hochnäsig ablehnten, müssen sie heute selber nach dem Wasser für
ihre Matten schauen. Eine Sage erzählt folgendes:
Vor langer Zeit machten sich der Herr und Petrus auf den Weg, die ganze Welt
zu bereisen. Dabei durchstreiften sie auch unser Land, heilten Kranken und be-
fragten die Leute nach ihren Wünschen. Da damals die Gletscher bis weit in die
Täler hinunter reichten, baten die Leute an deren Stelle um Felder und Wiesen.
Dem Wunsch wurde Rechnung getragen und dort, wo früher Eis und Schnee la-
gen, dehnten sich fortan herrliche Felder mit wunderbar blühenden Pflanzen. Da
jedoch die kühlenden Firne verschwunden waren, wurde es bald wieder warmer
und die Felder und Wiesen waren von der sengenden Sonne ganz dürr. Bevor der
Herr nun weiterzog, befragte er die Leute abermals nach einem Wunsch. Diese
teilten ihm ihre Sorgen mit. Da sprach der Herr: Die Lösung ist einfach, das Land
muss gewässert werden. Er fragte sodann, ob er oder sie selbst die Angelegenheit
an die Hand nehmen sollten. Alle bis auf die Walliser antworteten dem Herrn:
Du hast bis anhin weise gewaltet, fahre nur fort damit. Die Walliser zögerten je-
doch, da kam Petrus und flüsterte ihnen zu: Lasst nur getrost den Herrn walten,
er meint es gut mit euch, denn schliesslich ist er ja sozusagen ein Walliser. Da
tönte es wie aus einem Mund: Was, ein Walliser ist er? Nein, wenn dem so ist,
wässern wir lieber selber. So kam es, dass fortan im Wallis die Walliser, in der
übrigen Schweiz jedoch der Herr wässert.
Der Ursprung der Suonen ist rätselhaft. Dokumente aus dem 13.Jh. belegen ihre Ex-
istenz und weisen auf noch ältere Konstruktionen hin. Im 15.Jh. erbauten die Walli-
ser einige aussergewöhnliche Leitungen, u.a. das Chännilwasser von Ausserberg, da-
nach aber nur 18 in 300 Jahren. Ab 1800 wuchs die Bevölkerung stark an und Was-
ser bedeutete Milch und Brot. 1871 listet der Ingenieur Blotnitzki 117 Suonen auf,
Rauchenstein 1907 deren 207. Die Bauern begannen, zu den Wiesen vermehrt auch
Reben und andere Kulturen zu bewässern. Es folgte die Modernisierung der Suo-
nen, unterstützt von Bund und Kanton. Noch vor dem 1. Weltkrieg wurden 60 Sa-
nierungsprojekte realisiert. 1929 standen 20 Erneuerungen mit 15 Stollen zur Sub-
ventionierung an. Der Bau von Tunnel und der Wechsel zum Beregnen besiegelten
den Verfall vieler offener Leitungen, bis der Tourismus sie als Wanderwege entdeck-
te. Die Riederi ist ein gutes Beispiel dieser Geschichte. Vor 1385 erstellt, wurde sie
1940 beim Bau des Riederhorntunnels aufgegeben. Nach dessen Durchstich bewäs-
serten die Rieder doppelt so viel Land wie zuvor. Heute aber stehen in den Feldern
statt Wässermännern “Regner” und besprühen die Wiesen in den Voralpen mit
Märjelen-Wasser und in der Dorfregion mit Gletschermilch. Das Trasse der Riederi
aber erlebte mit dem Massaweg eine Renaissance. Die mit einfachen Werkzeugen
erstellten Suonen sind bautechnische Meisterwerke. In flachen Wiesenhängen floss
das Wasser durch ausgehobene Gräben. Wo es steiler war, stützten Mauern oder
Tretschborde (mit Rasenziegel abgedichtete Steine) talseits die Suone. Im felsigen
Gelände meisselten die Bergler Rinnen und erstellten auf schmalsten Absätzen Mau-
erpfeiler als Träger der ausgehölten Baumstämme. Galt es lotrecht abfallende Fels-
wände zu queren, mussten in ausgehauene Toggenlöcher Tragbalken für die U-
förmigen Bretterkännel verankert werden. Oft dienten säbelförmig gewachsene
Baumstücke (Krapfen) als Halter der Leitung. Die auf oder neben dem Kanal ange-
brachte Ganglatte erlaubte das Begehen der Suone. Schwierig war der Leitungsbau
in überhängenden Felswänden. Dort war es nicht möglich, Arbeiter abzuseilen.
Man schob vom letzten Balken ein Brett ins Leere vor und belastete das Ende mit
genügend Gegengewicht zum Mann, der auf dem freitragenden Brett vorrückte,
um das nächste Toggenloch zu meisseln. Bei der Riederi finden wir all diese Bau-
techniken. Sie zählte 120 bis 140 Kännel von drei bis neun Metern Länge. An der
höchsten, inzwischen durchtunnelten Felswand reihten sich sechs lange Kännel
aneinander. Dieser Ort war gefürchtet unter dem Namen “Zä sägsch Chängju”.
Wasserbeil und Wasserplatten waren die Werkzeuge des Wässermannes. Das Beil
legte er kaum aus der Hand. Zwei bis drei leichte Metallplatten nahm er zusätzlich
zu den vor Ort bereitliegenden Steinplatten mit. Zahlreich waren die Werkzeuge
zum Bau und Unterhalt der Suonen. Pickel, Schaufel, Wasserhaue, Hammer, Ei-
senschlegel, Spitzeisen und Meissel dienten, um Erde und Fels zu bearbeiten. Mit
Rückenkorb (Tschiffra), Schlitten, Räf, Steintrage und Karrette transportierten
Mann und Frau Erde, Rasenziegel, Steine, Bretter, Balken und Stämme. Die Ge-
räte zur Holzbearbeitung waren Wald- und Spaltsäge, Beile und Äxte aller Art.
Die Hohlaxt diente dazu, die Rundhölzer auszuhöhlen. Mit der Spaltsäge wurden
Baumstämme der Länge nach zu Balken und Brettern durchsägt. Geschickt arbei-
tete man auch mit Seilen. Die Ausserberger liessen die ausgehölten Holzrinnen
an einem 200 Meter langen Hanfseil über die Felsen hinunter auf die Tragvorrich-
tung. Es hängt als Zeitzeugnis in der Burgerstube von Ausserberg. Die Gemeinde
Mund besitzt ein ähnliches Seil. Sprengpulver kam erst ab dem 17.Jh. zum Ein-
satz. Die wenigen vor 1900 erbauten Stollen waren sehr kurz. Mit dem 2647 Meter
langen Durchstich unter dem Gebidum läutete Visperterminen 1915 die Ära der
Tunnelbauten ein. Die Schmelzwasser der Gletscher, die in tiefen Schluchten der
Rhone zuströmen, sind die wichtigsten Quellen der künstlichen Bewässerung. Wie
das Beispiel der Riederi zeigt, war es schwierig, die Wasserfassung an der wilden
Massa einzurichten. Ursprünglich schöpften die Rieder das Wasser bei Rischinen
ob Blatten und ab 1824 in Unterbächen auf Belalp. Die Natischer erneuerten die
Fuhre jetzt teilweise und nennen sie immer noch Riederi. Der Wasserbezug auf der
rechten Talseite bedeutet, dass die Suone die Schlucht in einem Luftkännel über-
querte. Erst später zapften die Bergler den Abfluss des Aletschgletschers an. Sie
bauten die Schöpfe auf der rechten Talseite, so dass der 18 m lange Kännel über
die Massa weiterhin erforderlich war. 1935 wurde dieser einmal mehr von Eis-
schollen weggerissen. Als nach fünftätiger Arbeit an dessen Stelle Metallröhren
hingen, mussten die Bauern mitansehen, wie diese von der hochgehenden Massa
fortgetragen wurden. Während 16 heissen Sommertagen floss kein Wasser auf
die Wiesen von Ried. Heute hat sich der Gletscher weit zurückgezogen und die
Staumauer Gebidum stoppt den Wildbach. Das Kraftwerk versorgt die Bitscher
Bauern direkt mit Wasser aus dem Stausee. Durch die Schlucht fliesst nur noch
Regen- und Quellwasser. Keine der bedeutenden Suonen ist in privatem Besitz.
Sie gehören einer Geteilschaft (Genossenschaft) oder, wenn nur sie die Bauherrin
war, der Gemeinde. Die Besitzer eines Territoriums bauten eine Leitung und leg-
ten Rechte und Pflichten fest. An der Spitze stand der Vogt, der mit dem Wasser-
bhüter, die Hauptverantwortung für die Suone trug. Die Wasserrechte waren an
den Boden gebunden, mit Ausnahme von Saxon, wo die 830 Anteilscheine ihren
Besitzern Bezugsrechte von drei Stunden pro Anteilschein sicherten. Verheiratete
sich eine Tochter auswärts, musste sie ihre Rechte verkaufen. Wasserstunden wur-
den oft nicht schriftlich festgehalten, sondern in Holzstäbe (Tesseln) eingekerbt,
u.a. auch in Eischoll, Mund und Ausserberg. Striche, Punkte oder Initialen stan-
den für die Hauszeichen. Bei den Rechten bedeutete ein ganzer Querschnitt in
Naters vier Wasserstunden (1 Virzit) und ein viereckiger Einschnitt 1 Std. Die
Arbeitstage hielt man auf den Werktesseln fest. Die Natischer tesselten teilweise
bis 1950 (Unteri Flüöjeri), während Birgisch die Rechte vor 1920 in ein Buch ein-
trug. In Naters gibt es z. Zt. noch rund 20 aktive Genossenschaften, die ihre Mit-
glieder jeden April per Anschlag zum Schortag einladen. In den Bergdörfern ver-
kündete der Weibel diese Aufgebote nach dem Sonntagsgottesdienst.
Beim Stolleneingang Süd 1265 m.ü.M. verlassen wir den Stollen. Eine unglaubliche
Hitze empfängt uns. Schweiss schiesst aus allen Poren. Wir biegen links ab, laufen
auf der Fahrtrasse abwärts, und erreichen schon nach ein paar Minuten den Park-
platz mit unserem Auto. Beim Parkplatz im Schatten von Bäumen, wird die nächste
Wanderung geplant. Mit dem Auto fuhren wir danach über Visp nach Susten zum
Hotel Relais Bayard
Wir beziehen das im Voraus reservierte Hotelzimmer. Alles sehr schön und gross-
zügig. Wir machen uns frisch, ziehen frische Kleider an und gehen danach hinunter
zur Hotelterrasse. Wir geniessen den lauen Abend, das gute Nachtessen und die
Live Band die unterhaltsame Lieder spielt. Ein grossartiger Tag geht zu Ende.
Anstrengende, aber sehr
lohnende Bergwanderung,
markiert oder mit gut
erkennbarem Pfad.
Diese Wanderung bietet
eindrückliche Tiefblicke
und einen Hauch Abenteuer.
Taschenlampe für das
durchqueren des Stollens
nicht vergessen.
Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
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Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 4 1/4 Std. 11,5 km
ca.260m Aufstieg
ca.1760m Abstieg
2783m höchster Punkt
1264m tiefster PunktÜber einen Eintrag in unserem Gästebuch
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