Graubünden - Geschrieben am Freitag, August 7, 2015 19:25 von Franco - 0 Kommentare
Bergtour Piz Beverin – Besuch der Kirche St.Martin in Zillis
7.8.15
Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Bergtour Piz Beverin – Kirche St.Martin
Mit dem Auto ins Schamsertal nach Zillis. Das Schams in kurze Worte zu fassen,
muss ein unvollständiger Versuch bleiben. Vieles gäbe es zu erzählen über die
wechselvolle Geschichte der freiheitsliebenden Talbevölkerung, über das romanische
Idiom des Sutsilvan, das hier und praktisch nur hier gesprochen wird, über den
Transitverkehr, der von der Römerzeit bis heute immer wieder andere Spuren
hinterlassen hat. Im Gebiet des Schons, wie das Schams auf Sutsilvan heisst, kann
man auf drei Ebenen wandern: Unten auf dem Talboden entlang der Via Spluga,
dann auf rund 1500 Metern über Meer zwischen den Hochterrassendörfern
Wergenstein, Mathon und Lohn, und schliesslich ganz oben im Niemandsland
zwischen Schams und Safiental, wo die Kräfte der Erosion zwischen dem Piz Beverin,
dem Bruschghorn und den Pizzas d’Anarosa eine ganz eigene Alpenwelt geschaffen
haben, die ganz im Zeichen der Steinbockkolonie Safien-Rheinwald steht.
Via Spluga
Kulturweg Via Spluga
Viamala
Von Zillis fahren wir weiter Richtung Mathon.
In Mathon besteht die Möglichkeit mit dem Auto bis nach Mursenas zu fahren.
Diese Strecke ist aber kostenpflichtig. Wir lösen am Ticketautomaten für 10.- Sfr.
die notwendige Fahrerlaubnis und fahren weiter aufwärts bis nach Mursenas
1932 m.ü.M. Selbstverständlich kann man auch direkt von Zillis aus starten.
Der Weg hinauf nach Mursenas ist aber nicht weltbewegend und man erspart sich
so ca. 1000 Höhenmeter! Unsere heutige Wanderung führt uns hinauf auf den
Piz Beverin. Der Piz Beverin ist ein Klassiker unter den Alpintouren. Doch was
macht einen Berg zum Klassiker? Zunächst braucht es dazu ein ganz spezielles,
markantes Aussehen. Das hat der Piz Beverin zweifelsohne. Vom Domleschg aus
erinnert er uns – der Fantasie sind ja bekanntlich keine Grenzen gesetzt – mit
seinem länglichen, auf zwei Pfeilern ruhenden Aufbau an ein Tragflügelboot.
Diese charakteristische Form macht den Piz Beverin zu einem Referenzpunkt
bei der Bestimmung des Panoramas von anderen Gipfeln aus, und nicht nur das:
Er ist auch ein Triangulationspunkt für die Landesvermessung. Am 1. August
wird hier, auf dem 2997,5 Meter hohen Piz Beverin sogar ein Höhenfeuer
entfacht! Neben dem markanten Profil muss ein Berg, der ein Klassiker werden
will, ausserdem eine prächtige Aussicht bieten. Dazu steht er mit Vorteil etwas
für sich. Beides erfüllt der Beverin in schönster Weise. Weiter braucht es Zustiegs-
möglichkeiten in möglichst grosser Vielfalt in Bezug auf Länge, Landschaft und
Schwierigkeit. Und auch diesbezüglich ist der Beverin reich gesegnet. Von
Tschappina über den Glaspass und die Chräjenchöpfe bietet dieser Berg für
trittsichere Berggänger eine Route mitten durch die Westwand an, während
von Wergenstein her über die Alp Tumpriv der Weg frei ist für Bergwanderer,
die Eile gerne mit Weile verbinden und gut ausgetretene Pfade mögen. Nützlich
für den Ruf des Klassikers ist ausserdem irgendeine Exklusivität, die ein spezielles
Erlebnis ermöglicht. Beim Beverin ist es die Aluminiumleiter am Beverin Pintg,
einem Vorgipfel, den man am besten von Mathon aus erreicht. Sie ist rund zehn
Meter hoch, aber senkrecht und stellt dadurch doch eine Mutprobe für Abenteuer-
lustige jeden Alters dar. Förderlich ist schliesslich auch die Kombinierbarkeit mit
anderen Gipfeln. Gerade aus geologischer Sicht bietet die Gegend rund um den
Beverin einen Strauss von Überraschungen. Kalk wechselt ab mit Schiefer-
gesteinen aller Farben. Beim kleinen Parkplatz in Mursenas finden wir zum
Glück noch eine Parklücke. Über Alpweiden führt uns der breite und bequeme
Alpweg hinauf Richtung Alp Nursin. Vor uns taucht der Piz Beverin auf und links
davon der Beverin Pintg. Neben einem Bachtälchen wandernd gewinnen wir an
Höhe und überqueren bei Punkt 2159 m.ü.M. das Val Mirer mit dem kleinen Bach.
Über Wiesen steigen wir weiter bergan und erreichen die Alp Nursin 2442 m.ü.M.
Bei der Weggabelung Punkt 2442 m.ü.M. auf der Alp Nursin sind zwei Möglich-
keiten vorhanden, um auf den Piz Beverin zu gelangen. Rechts abbiegend geht es
über den Beverin Pintg und die bekannte Leiter hinauf zum Piz Beverin. Gerade-
aus führt der Wanderweg zur Beverin Lücke. Wie in der Planung vorgesehen,
laufen wir geradeaus weiter und lassen den Beverin Pintg rechts liegen. Wir
erreichen die nächste Weggabelung bei Punkt 2457 m.ü.M. Hier stösst der
Wanderweg von Wergenstein hinzu. Über einen gut markierten Bergweg stossen
wir weiter Taleinwärts Punkt 2547 m.ü.M. Vor uns türmt sich nun der Felsen-
kessel mit der Beverinlücke auf. Durch ein weites Geröllkar führt der Bergweg
nun ziemlich steil zur Beverinlücke 2826 m.ü.M. hinauf. (genauer: zur Wegver-
zweigung vor der Lücke). Auf dem Sattel mündet nun auch der vom Glaspass
herkommende alpine Bergsteig hinzu. Glaspass hat übrigens nichts mit Glas
zu tun, sondern kommt von lat. “clausus” “eingeschlossen”. Jetzt trennen uns
noch 170 Höhenmeter vom Gipfel. Wir verlassen die Lücke auf dem Südgrat
und wandern nun auf einem Alpinen Bergsteig rechts weiter aufwärts. Über
Blöcke, und Platten geht es nun über einen rutschigen Bergsteig Richtung
Gipfel. Der Weg auf dem breiten Südwestrücken ist zum Teil mit Ketten gesichert.
Bei Nässe oder Schnee kann dieses Teilstück heikel sein. Über Schiefer gelangen
wir auf den breiten Buckel und kurze Zeit später problemlos und nicht ausgesetzt
zum Gipfel des Piz Beverin 2998 m.ü.M. mit seiner prachtvollen Fernsicht! Auf
dem breiten Buckel des Piz Beverin, Hausberg des Schamsertals und des Domleschg,
fühlt man sich dem Himmel nah. Vom Talgrund aus, stellt man sich immer wieder
die Frage, wie kommt man da hinauf? Wie viele Berge hat auch der Beverin
mehrere Gesichter: wilde, abweisende, liebliche und einladende. Das wurde uns
heute auch wieder bewusst. Hier oben haben viele Leute Platz. Auch ein zwei
Meter grosses Steinmännli geniesst das Panorama. In einer Schublade in seinem
Bauch hütet er das Gipfelbuch. Vom Gipfel überblickt man den spektakulären
dritten Zustieg zum Beverin, der sich vom Glaspass her an den “Chräjenchöpf”
hinaufzieht und unter bedrohlich schiefen Felszacken vorbeiführt. Dieser Aufstieg
ist nur für trittsichere und schwindelfreie Berggänger geeignet. Nach einem
Felssturz vor einigen Jahren wurde er zeitweilig ganz gemieden. Weit unter uns
das Domleschg. Sitzt man auf dem Gipfel des Beverin, versteht man wieso es
viele immer wieder hier hinaufzieht. Ein erhabener Platz ist das, ein richtiger
Göttersitz. Hier oben auf dem Beverin der oberhalb von Wergenstein und
Mathon die Dreitausendermarke kratzt und als Triangulationspunkt erster
Ordnung eine umfassende Rundsicht bietet, legen wir unsere verdiente Mittags-
pause ein. Nach der Mittagspause schultern wir unsere Rucksäcke und nehmen
den Abstieg unter die Füsse. Für den Abstieg ist der Weg über die berühmte
Leiter eingeplant. Der Abstieg führt über eine etwas sparsam markierte Schutt-
halde. Der Weg auf dem Geröllfeld ist manchmal schwer zu finden, Markierungen
sind nicht mehr sichtbar. Man kann aber problemlos einfach das Geröllfeld hinab
laufen ohne gross von einem “Weg” abzukommen. Steinmänner, sind zur Orien-
tierung aber vorhanden. Der Bergweg verschmälert sich zu einem an einer Stelle
“eingekerbten” Rücken. Der Abstieg in die “Kerbe” ist leicht 2769 m.ü.M., der
Aufstieg über eine senkrechte Felsstufe wäre eine schwierige Kletterei, wenn da
nicht die berühmte Leiter wäre, eine solide, 8 m hohe Metallleiter. Ein bisschen
schwindelfrei sollte man hier schon sein. Man muss sich einfach nur vorstellen
das es eine Leiter ist, die auf dem Dachstock eines Hauses führt, und nach ein
paar Sekunden hat man die “Schlüsselstelle” überwunden. Im Nachhinein,
müssen wir erwähnen, das der Aufstieg von der Beverin Lücke zum Gipfel hinauf,
aus unserer Sicht gesehen, heikler ist, als die Leiter. Auf der Westseite dieser
Felsstufe ist die Umgebung komplett anders. Hinter uns eine graue Steinwüste.
Vor uns grüne Alpweiden mit Blumen. Über diese grünen Matten, steigen wir
nicht ausgesetzt hinunter zum Beverin Pintg 2591 m.ü.M. Wir setzten uns
nochmals ins Gras und schauen ins Tal. Unten uns lockt die Kirche von Zillis.
Sie werden wir am Ende der Wanderung besuchen. Steil führt nun der einfache
Wanderweg über Alpweiden hinunter zur Weggabelung bei Punkt 2442 m.ü.M.
auf der Alp Nursin. Hier biegen wir nicht links ab Richtung Mursenas, sondern
rechts wieder Richtung Beverin Lücke aber nur bis zu der nächsten Wegga-
belung bei Punkt 2457 m.ü.M. Hier biegen wir links ab und wandern über
Alpweiden abwärts Richtung Wergenstein. Wir verlassen Alp Nursin und
erreichen Alp Gandus 2254 m.ü.M. Bei der Weggabelung Punkt 2114 m.ü.M.
wandern wir weiter geradeaus und immer leicht abwärts bis zu Punkt
1998 m.ü.M. Hier überqueren wir den kleinen Bach beim Val da Larisch und
laufen nun über eine Kiesstrasse auf gleichbleibender Höhe Richtung Mursenas.
Kurz nach Punkt 1962 m.ü.M. überqueren wir wieder den Bach vom Val Mirer
und erreichen kurz danach den Parkplatz bei Mursenas. Wir kühlen unsere
Füsse und den ganzen Körper im nahgelegenem Brunnen. Oben auf dem Piz
Beverin waren die Temperaturen wesentlich angenehmer. Je tiefer wir aber
hinunterwanderten, je heisser wurde es. Bis jetzt ist es ein superschöner
Sommer. Mit dem Auto fahren wir ins Tal hinunter nach Zillis und lassen es
uns nicht nehmen, die kleine Kirche von St.Martin zu besuchen. Dieser Besuch
stand schon lange auf unserer Liste. Glücklich etwas kühle Luft zu geniessen,
treten wir in die Kirche ein. (Besuch der Kirche ist kostenpflichtig). St.Martin,
die kleine Kirche von Zillis, Gott seid gedankt! Mit solchen und ähnlichen
Stossgebeten auf den Lippen haben während Jahrhunderten die Menschen das
Gotteshaus im Val Schons begrüsst. Nicht etwa wegen der einzigartigen roma-
nischen Bilderdecke aus dem Jahr 1114. Nein, wer von Norden her kommend
in Zillis eintraf, brauchte keine Ungeheuer mehr. Er hatte Ungeheuerliches,
nämlich die Via Mala, wörtlich den “schlimmen Weg”, bereits hinter sich. Und
ebenso schlimm wie schlecht war der Weg, der immer wieder neu in die Felsen
hineingeschlagen werden musste. Um es gleich zu sagen: Heute ist die Gefahr
gebannt, der Schauder, die Hühnerhaut und auch die archaische Schönheit,
aber sind geblieben. Bis zu 100 Meter tief unter den Wanderer wütet der Rhein,
über ihnen erstrecken sich beidseits der Via Mala bis zu 150 Meter hohe Fels-
wände in den Himmel und scheinen über dem wagemutigen Wanderer
herunterzustürzen. Doch keine Angst: Fluss und Felsen stehen schon fast ewig
da, und dank moderner Baukunst führt der Fussweg gesichert durch die
Schlucht. Die Wanderung durch die Via Mala haben wir diesen Herbst durch-
geführt. Als “ecclesia plebeia” wird die Kirche anno 831 erstmals urkundlich
erwähnt, ebenfalls der Ortsname Zillis als “Ciranes”. Im weiteren bestätigen
Ausgrabungen und Münzfunde etc., dass die Kirche schon zur Römerzeit
bestanden hat. In der romanischen Epoche – anfangs des 12. Jahrhunderts -
wurde dieser Bau völlig niedergelegt und neu aufgebaut. In dieser Zeit, um
1109 – 1114 (oder wenig später), wurde die bemalte Decke geschaffen. Dieses
Kunstwerk aus der romanischen Epoche ist weltweit das einzige Werk dieser
Art, das nahezu vollständig und ohne Übermalung erhalten geblieben ist.
Die Kirchendecke besteht aus 153 quadratischen Bildtafeln (9 Reihen à
17 Tafeln) von je ca. 90 cm Seitenlänge. Die meisten sind aus Tannenholz und
wurden zuerst mit einer dünnen Schicht Gips grundiert, dann aufrecht bemalt
und erst dann in die Decke eingesetzt. Der Meister und sein Geselle stammten
sehr wahrscheinlich aus “Rätien” selbst (heute Graubünden), wofür die volks-
tümlichen Formen sprechen. Der grafische Stil der Bilder besagt ferner, dass
der heute unbekannte Künstler die Buchmalerei beherrscht haben muss. Die
Decke besteht aus 48 Randfelder und 105 Innenfelder. Die Randfelder stellen
grösstenteils seltsame Fabelwesen als Sinnbild des Bösen sowie 3 Szenen
mit Schiffen aus der Darstellung der Jonasgeschichte dar. Ferner sind auf den
4 Eckfeldern Engel als Personifikation der vier Winde und Verkünder des
Jüngsten Gerichts angeordnet. Die inneren Bilder sind folgenden Themen aus
dem Leben Christi gewidmet: So die Könige David, Salomon und Rehabeam
als Vorfahren Christi, dann die Verkündigung und die Geschichte der Heiligen
Drei Könige, die Flucht nach Ägypten und der bethlehemische Kindermord.
Es folgen die heilige Taufe und anschliessend mehrere Tafeln von der
Lehrtätigkeit und den Wundertaten Christi. Nach dem Abendmahl endet die
Leidensgeschichte unvermittelt mit der Dornenkrönung. Die letzte Bilderreihe
berichtet aus dem Leben des heiligen Martin. Diese ist sehr wahrscheinlich
nicht vom Meister selbst, sondern – ev. nach dessen Tod- von seinen Gehilfen
geschaffen worden.
Kirche St.Martin in Zillis
Wir verlassen die Kirche und treten hinaus in diese mörderische Hitze.
Wir steigen ins Auto und fahren nach Hause.
Eine sehr schöne Bergtour geht zu Ende.
Der Piz Beverin ist der nördliche Höhepunkt
eines interessant strukturiertem Gebirgszug,
der durch das Safiental einerseits und durch
Rheinwald und Schams anderseits begrenzt ist.
Der Piz Beverin ist einer der berühmtesten
Aussichtsberge Graubündens.
Durch seine vorgeschobene Lage und die
ansehnliche Höhe als “Fast-Dreitausender”
bietet er eine eindrucksvolle Fernsicht.
Aufstieg bis zur Beverinlücke über gut
markierte Wege. Von der Lücke zum Gipfel
etwas alpiner, nicht besonders schwierig.
Abstieg zum Beverin Pintg trotz “Leiterstelle”
problemlos. Trittsicherheit und Schwindel-
freiheit von Vorteil. Ein sehr bekannter,
beliebter und oft besuchter Aussichtsberg.
Alpiner Weg nur bei Trockenheit begehen.
Aussichtsgipfel der Superlative.
Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 4 Std. 10,5 km
ca.1150m Aufstieg
ca.1150m Abstieg
2998m höchster Punkt
1932m tiefster PunktÜber einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuenManuela & Franco
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