Wallis - Geschrieben am Dienstag, August 16, 2016 21:37 von Franco - 0 Kommentare

Bergwanderung Verbier – Cabane du Mont Fort – Sentier des Chamois – Cabane de Louvie – Fionnay

16.8.16

Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Bergwanderung Verbier – Cabane du Mont Fort – Sentier des Chamois – Cabane de Louvie – Fionnay

Wie jedesmal haben wir im Hotel Martigny sehr gut geschlafen. Wie immer ist das
Frühstück sehr gut und reichhaltig. Gut ausgeruht und gestärkt geht es los.
Martigny Hotel
Mit dem Auto sind wir bis nach Le Châble unterhalb von Verbier, im Val de Bagnes
gefahren. Das Val de Bagnes ist ein Tal starker Kontraste: vorne die Skiarena von
Verbier, ganz hinten der von Gletscherwassern gespeiste Stausee Mauvoisin für die
Energiewirtschaft und dazwischen sehr viel ursprüngliche Natur. Aus den sanfteren
Bergkuppen im Norden baut sich rasch ein würdiges alpines Relief auf. Die stark
vergletscherte Combin-Gruppe kann sich mit den grossen Szenarien des Oberwallis
messen und assoziiert gelegentlich sogar Himalaya-Dimensionen! Sie ist der abso-
lute Blickfang, wenn wir auf der gegenüberliegenden Seite ein gutes Stück talein-
wärts wandern. Die Route nimmt aufgrund diverser Bergrippen einen recht verwin-
kelten Kurs und bietet damit auch immer wieder spannende Perspektivwechsel. Bege-
gnungen mit Gämsen oder stoischen Steinböcken, die es rund ums Val de Bagnes in
grossen Populationen gibt, sind nichts ungewöhnliches, worauf schon der Name eines
Wegabschnitts hindeuten mag: Sentier des Chamois. Dieser stellt die Verbindung
zwischen dem Alpgebiet von La Chaux und dem Louvie – Kessel her. Die zweite Halb-
zeit gestaltet sich eine Nummer rauer und mühevoller, zumal am Ende auch noch ein
satter 1000-Meter-Abstieg über eine fast waldfreie Flanke erwartet. Für routinier-
te Bergwanderer ist die Strecke mit Disziplin sicherlich an einem Tag zu schaffen.
Als echter Höhepunkt haben wir die Gratrippe Col du Termin empfunden. Hier lässt
man sich nur gerne nieder, um in der alpinen Welt des Val de Bagnes zu versinken.
Mit der Seilbahn fuhren wir hinauf nach Verbier. Wer an Verbier denkt, denkt an
Winter, Skifahren und zahllose Skilifte. Mit gutem Grund, denn fast hundert Anla-
gen überziehen die Hänge und Berge in den Quatre Vallées.
4 Vallées
Doch davon sollte man sich im Sommer nicht abschrecken lassen. Mit geschickter
Routenwahl lässt sich hier eine fantastische Wanderungen zusammenstellen, die
zweifellos in der ersten Liga mitspielen können und nur ganz kurz durch das Ge-
biet der Bahnen führt. In Verbier nahmen wir die andere Seilbahn die uns hinauf
nach Les Ruinettes 2192 m.ü.M. brachte. Hier oben waren wir schon einmal, als
wir den Pierre Avoi besucht haben. Der Zustieg mit der Seilbahn von Le Châble
über Verbier nach Les Ruinettes erscheint fast obligatorisch, ansonsten diese
Wanderung an einem Tag nicht machbar ist. Von der Bergstation hat man eine
sehr schöne Aussicht auf Verbier. Über Verbier gibt es nicht allzu viele Worte zu
verlieren. Ein mondäner Tourismusort halt, mit grösseren und kleineren Bausün-
den und vielen kalten Betten. Mehr zu berichten gibt es über die Lage. Es ist, als
ob Verbier die Bühnen abgeben würde in einem Amphitheater, dessen Balkone
sich im Halbrund aufschwingen würden über Hunderte von Höhenmetern. Und da
es doch etwas mühsam wäre, zu Fuss bis zum obersten Balkon zu gelangen, dort-
hin also, wo man auf der anderen Seite wieder hinunterblicken kann, gibt es Gon-
delbahnen für Winter und Sommer. So gelangt man also – die mechanischen Auf-
stiegshilfen nicht verschmähend – hinauf. Das ist gut investiertes Geld: Über einer
Szenerie von wilden Bergspitzen thront stolz und weiss der Grand Combin. Jeder
seiner drei Gipfel zählt als offizieller Viertausender – macht man also die Über-
schreitung, hat man gleich drei Viertausender “gesammelt”. Nur ist das leichter
gesagt als getan, denn der einfachste Zustieg über den linker Hand gut sichbaren
“Balcon” ist ziemlich eisschlaggefährdet. Oben droht ein Hängegletscher, von dem
jederzeit Brocken niederdonnern können, unabhängig von Wetter und Tageszeit.
Das ist dann ein bisschen wie Russisches Roulette, auf das viele Alpinisten ger-
ne verzichten. Deshalb versuchen sie meist von der hinteren Seite aus über den
Felsgrat auf das Gipfelplateau mit seiner fantastischen Rundsicht zu gelangen.
Aber auch die Rundsicht von unserem Standort ist beachtlich. Im Westen wird die
Montblanc-Gruppe sichtbar mit der Aiguille d’Argentière und der Aiguille du Tour.
Aiguille (Spitze) deutet an, dass hier bester Granit Regie führt, entsprechend be-
gehrte Alpinistenziele sind die Rippen und Grate, die hinaufführen. Weiter nördlich
dann sind es die Dents du Midi, die breit das Unterwallis überragen.
Dents (Zähne) stehen dabei für Voralpenkalk, der zu diesen Formen verwittert.
Bei Les Ruinettes biegen wir rechts ab und nehmen den Wanderweg unter die Füsse
der uns zu den Alpweiden von Les Fontanets bringt. Der Weg folgt minimal anstei-
gend der Bisse du Levron. Bisse so werden die Bewässerungskanäle im französisch-
sprachigen Wallis genannt. Oberhalb von Plan de l’Au 2194 m.ü.M. vorbei, errei-
chen wir den Skilift Knotenpunkt von La Chaux 2266 m.ü.M. Über das Pistengelände
von La Chaux geht es weitgehend in Grundrichtung Ost leicht ansteigend Richtung
Cabane du Mont Fort. Über uns schwebt die grosse Gondel hinauf zum Mont Fort. Wir
nähern uns der Cabane du Mont Fort 2457 m.ü.M., die auf einem Buckel thront und
zuletzt im Bogen von der Rückseite erreicht wird.
SAC Cabane du Mont Fort
Die Cabane du Mont Fort hat zwei Gesichter. Es ist eine typische SAC-Hutte, auf
respektablen 2457m, aber eben doch noch halbwegs im Skigebiet. Seit kurzem hat
sie auch architektonisch zwei Gesichter. Der untere, talzugewandte Teil stammt
aus dem Jahr 1925 und ist im charakteristischen SAC-Stil gehalten: eine heimelige
Essstube mit viel altem, dunklem Holz, mit Bergbilder und Landkarten an den Wänden,
roten Vorhängen und der Decke entlang Regalen für die Körbe, in denen die Gäste
ihren Proviant zwischenlagern können. Der obere, 2001 eingeweihte Teil überrascht,
ja verblüfft die Besucher. Denn wer würde in einem SAC-Haus (fast) ausschliesslich
Zimmer, vor allem Zweier- und Viererzimmer erwarten? Dazu Dusche auf der Etage?
Und als Zugabe gibt es noch Zimmer mit direktem Blick auf das ganze Montblanc-
Massiv und unten eine grosse Terrasse mit noch grossartigerer Aussicht. Die Cabane
du Mont Fort ist eines der ganz wenigen SAC-Hauser, in denen das neue “Komfortkon-
zept” mit Zimmer und Dusche umgesetzt wurde. Traditionelle SAC­ Hütten sind gut,
aber ein bisschen Luxus gönnt man sich hie und da ganz gerne. Hier auf der Terras-
se mit schönster Aussicht legen wir eine Kaffeepause ein.
Die Cabane du Mont Fort als erste Hütte auf unserer Strecke wird noch ziemlich
vom Liftgebiet vereinnahmt. Von dort führt der direkte Weiterweg (über den Col
de la Chaux – eine recht alpine Angelegenheit übrigens – doch täte es uns im
Herzen weh, die feine, traumhaft an einem See gelegene Cabane de Louvie damit
aussen vor zu lassen. Die Verbindung über den Sentier de Chamois ist zudem ein
Panoramaweg wie aus dem Bilderbuch, der uns unentwegt Blicke über das tiefe Val
de Bagnes auf die eisüberwallte Combingruppe schenkt. Deshalb sei dieser “Gämsen-
weg” (wie sich tatsächlich bestätigen lässt!) als schönster Auftakt einer Wande-
rung im Wallis vorgeschlagen.
Auf gleichem Weg wie wir gekommen sind, verlassen wir die Hütte und steigen über
einen Hang in die Mulde von Patiefray. Während dem hinunterlaufen unterqueren wir
wieder die Luftseilbahn. Der Wanderweg umgeht ein Hügel 2310 m.ü.M. mittels einem
Rechtsbogen und erreicht das Gebiet von La Rechouene. In diesem Kessel unter der
Cabane du Mont Fort beginnt eine Wasserleitung, die im frühen Mittelalter erbaut
wurde und das Wasser nach Norden oberhalb an Verbier vorbei und durch den chaoti-
schen Felskessel unter dem Pierre Avoi bis nach Levron führte (Bisse du Levron).
Sie wurde teilweise restauriert und verspricht eine interessante Wanderung. Wir
folgen der schönen Suone bis kurz vor La Chaux. Hier biegen wir stark nach links
ab und erreichen die Wegkreuzung bei Punkt 2183 m.ü.M. Wir verlassen nun das
Gebiet von La Rechouene und Wandern der schattigen Nordwestflanke des Bec des
Rosses entlang. Was für eine Aussicht!
Die Südseite des Unterwallis beherbergt einige der eindrücklichsten Berglandschaf-
ten der Schweiz. Dazu gehören die Zacken und Türme im Gebiet der Aiguille d’Argen-
tière und das mächtige Eismassiv des Grand Combins. Eine einmalige Sicht auf diese
Berge hat man auf der hier beschriebenen Höhenwanderung von der Cabane de Mont
Fort nach Fionnay im hintersten Val de Bagnes, dazu beste Chancen, Gemsen und Stein-
wild zu sehen. Bei Punkt 2113 m.ü.M. erreichen wir nicht nur ein markantes Eck auf
einem Ausläufer des Bec des Rosses, Nein wir erreichen auch eine traumhaft schöne
Aussichtsplattform.
Das obere Val de Bagnes ist tief eingeschnitten in die geologischen Schichten des
Wallis und ermöglicht so dem kundigen Betrachter eine Rückschau auf frühere erdge-
schichtliche Entwicklungen. Die konkreten Zeugen in der Natur sprechen sowohl vom
aktuellen Zustand wie von geschichtlichen Ereignissen, vom Chaos der Entstehung,
dem Rollen der Murgänge oder dem Schrecken drohender Eislawinen. Ununterbrochen
bewegt durch den Wind erzählt uns das Edelweiss von den durch den Mond erhellten
kurzen Julinächten, von den eisigen Auguststürmen, welche die Sommerfreuden trüben,
von den Gegensätzen des Lichts im Herbst, warm leuchtend am Sonnenhang, frostig und
dunkel auf der Schattenseite. Die Natur hat uneingeschränkt das letzte Wort. Selbst
tolerierte Eingriffe des Menschen kann sie im Nu spurlos auslöschen. Jegliche Krea-
tur wird zur Bescheidenheit gezwungen, so wie es die angepassten Lebensformen des
Wildwuchses vormachen.
Um den Sentier des Chamois einzuschlagen biegen wir hier bei diesem traumhaft gele-
genem Kamm links ab, und ziehen in die südwestseitigen Hänge von La Perraire. Wir
bewegen uns nun in exponierten Hängen, die praktisch ohne Absatz über fast 1500
Höhenmeter ins Val de Bagnes abfallen. Schon beeindruckend das Massiv des Grand
Combin samt Trabanten, rechts dahinter die östliche Mont-Blanc­Gruppe. Zu Beginn
mit nur geringem Auf und Ab erwartet uns Höhenwandern in seiner schönsten Form.
Die bekannterweise reiche Flora des Unterwallis zeigt sich hier in ihrer ganzen
Pracht, die steilen Grashänge sind übersät mit Männertreu, Arnika, Berghauswurz,
der Federigen Flockenblume und der Bartigen Glockenblume. Der Bergpfad in diesem
weiten Kessel unter dem Bec des Rosses, steigt nun kräftig an. Diverse Gelände-
stufen müssen nun überwunden werden.
Im Val de Bagnes (Naturschutzgebiet) wird der Besucher angehalten, nichts ausser
seinen Fussstapfen zu hinterlassen und nichts ausser Fotos mitzunehmen. Bei einer
Wanderung durch die wuchtigen und stolzen Berge kann man sich kaum vorstellen, dass
sie vom Talboden bis hoch hinauf mit Werken von Menschenhand durchsetzt sind. Von
1951 bis 1958 hat der Bau der Staumauer Mauvoisin sowohl den Lebensrhythmus der
Einwohner als auch die Kluslandschaft nachhaltig verändert. Das Tosen der Wildwas-
ser verschwand und machte einer fast unheimlichen Stille Platz. Dafür erzeugt das
Tal nun viel elektrischen Strom und verschafft dem Tal willkommene finanzielle Ein-
nahmen und Arbeitsplätze. Die eindrückliche, 250 Meter hohe gebogene Staumauer be-
findet sich im Zentrum eines riesigen Stollennetzes und schuf auf einer Fläche von
226 Hektaren einen smaragdgrünen See. Über einen sehr steilen Zickzackweg geht es
danach aufwärts zur Wegkreuzung 2546 m.ü.M.
Von links stösst der Höhenweg von der Cabane du Mont Fort hinzu. Wir biegen rechts
ab und laufen weiter nur noch leicht ansteigend Richtung Col Termin. Der Wanderweg
ist prinzipiell gut erstellt, wird aber in einer Berqsturzhalde, direkt unter dem
Bec Termin von lattenter Steinschlaggefahr bedroht. Der gesamte Weg ist weiterhin
eine Aussichtspromenade ersten Ranges gegenüber dem Grand Combin; “Chamois” heisst
Gämse, doch wird man eher auf Steinböcke (Bouquetins) treffen, die hier wirklich
häufig vorkommen. Vorsicht: Diese Tiere treten nicht selten Steine los, die auf
den steilen Hängen mit hoher Geschwindigkeit und wegen des Grasbewuchses oft fast
lautlos daherkommen – also besonders im letzten Stück vor dem Col Termin nicht in
den Rinnen stehen bleiben und immer das Gelände über sich im Auge behalten, vor
allem, wenn dort Tiere zu sehen sind. Genau während dem wir diese Gefahrenzone pas-
sieren wollen, lösen sich von oben grosse Steine und poltern direkt vor uns in die
Tiefe. Wir schauen nach oben und entdecken eine grosse Herde von Steinböcken.
Juni 1906, irgendwo im Wallis, unterhalb der Grenze am Sankt Bernhard. Die Walliser
Kantonspolizei hält eine verdächtige Fahrzeugkolonne auf dem Weg nach Sankt Gallen
an. Bei ihrer Durchsuchung entdecken die vermutlich recht überraschten Polizisten
Steinkitze. Die Geldstrafe für die illegale Einfuhr von Wildtieren ist Teil der
immensen Summe, die der Sankt Galler Wildpark Peter und Paul ausgibt, nämlich 2001
Franken (was heute in etwa 60′000 bis 70′000 Franken entsprechen würde), davon 800
Franken für die jungen Steinböcke. Erstaunlicherweise werden die Jungtiere nicht
konfisziert, und so beginnt ein erfolgreiches Wiederansiedlungsprojekt. Im 18.Jahr-
hundert ist der stolze Hornträger in den Alpen nahezu ausgestorben. Nur wenige
Exemplare (knapp 200) haben im italienischen Nationalpark Gran Paradiso überlebt.
Nachdem mehrere Versuche in der Schweiz gescheitert sind, den Steinbock mithilfe
von Tieren aus Tierparks wiedereinzubürgern, wendet man sich an Vittorio Emmanuele
III. Der italienische König und Jagdliebhaber, der sich wohl bewusst ist, wie wich-
tig die Erhaltung aussterbender Arten ist, lehnt das Gesuch ab. Doch das soll kein
Hinderungsgrund sein. Wenn der diplomatische Weg keinen Erfolg beschert, hat man
vielleicht mehr Glück mit italienischen Wilddieben, denken sich einige Sankt Galler.
Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Bis 1939 werden etwa hundert weitere Stein-
zicken eingeschmuggelt, die zur erfolgreichen, doch nicht ganz unproblematischen
Wiederansiedlung beitragen. Der Mensch kennt die Lebensräume und -gewohnheiten der
Steinböcke nicht mehr, weshalb sich manche Populationen nicht so schnell entwickeln
wie erhofft. Zudem müssen die Tiere, nachdem man sie von Wilderern hat beschaffen
lassen, vor den Schweizer Wilddieben geschützt werden. Die Eidgenossenschaft kommt
zu Hilfe und erleichtert die Ansiedlung der Steinböcke in den damaligen Jagdbann-
gebieten. Recht schnell führen die Schäden, die von den entstehenden Steinbockkolo-
nien verursacht werden, zu Umsiedlungen innerhalb der Alpen. Heute zählt man über
40′000 Steinböcke in den Alpen, von denen 13 000 in der Schweiz leben. Ihr Bestand
wird durch die Jagd reguliert: Etwa 1000 Tiere werden jährlich abgeschossen. Die
Zukunft des Hornträgers scheint also gesichert. Doch wird sie überschattet von einer
langfristig drohenden Gefahr: der Inzucht. Da die Steinböcke nahezu ausgerottet wa-
ren, stammen sie allesamt von einer begrenzten Anzahl von Tieren ab. Die geringere
genetische Variabiliät, die sich daraus ergibt, konnte ihre Anpassungsfähigkeit
verringern. Le Pleureur, oberhalb des Mauvoisin-Stausees im Val de Bagnes, ist eine
der Mutterkolonien der Steinböcke in der Schweiz, die erste im Wallis, wo 1928
Steinbocke ausgesetzt wurden. Das Tal beherbergt noch eine Population von schätz-
ungsweise 500 Tieren. Auf der Wanderung von Verbier über den Lac de Louvie nach
Fionnay bekommt man ihn für gewöhnlich zu Gesicht, den “König der Alpen”. Das weni
scheue Tier ist faszinierend anzusehen, nicht nur wegen seiner imposanten Hörner.
Auch seine Geschicklichkeit im Steilgelände ist beeindruckend – man muss einmal
gesehen haben, welch unglaubliche Sprünge die Zicklein im Gefolge ihrer Mutter von
Fels zu Fels vollführen. Unbeeindruckt von unserer Anwesenheit springen die Stein-
böcke und Zicklein direkt vor uns von einem Felsen zum anderen und lösen immer wie-
der Steine los. Geschützt unter einem Felsen, warten wir bis die ganze Steinbock-
kolonie unter uns verschwunden ist, und die letzten Stein ins Tal gedonnert sind.
Dann setzten wir vorsichtig unsere Wanderung fort. Diesen Abschnitt wollen wir nun
ohne Verzögerung hinter uns bringen. Der Wanderweg führt nun immer wieder über
kleine Rippen und Graben hinweg 2580 m.ü.M. Ein paar schrofige Stellen verlangen
Aufmerksamkeit und elementare Trittsicherheit. Zuletzt quer durch einen steilen
Wiesenhang, erreichen wir die höchste Stelle des Sentier des Chamois den Col de
Termin 2648 m.ü.M., in dessen Bereich sich verschiedene Routen kreuzen. Was für
eine traumhafte Aussicht hier oben. Das Eisschloss des Grand Combin zählt zu den
imposantesten Massiven der Walliser Alpen und wir sitzen ihm nun direkt gegenüber.
Schon einmal im 16.Jahrhundert und wieder am 16. Juni 1818 ereignete sich ein Un-
glück. Nach mehreren Jahren grosser Kälte schüttete der Giétrozgletscher das Über-
mass an Firnblöcken in die Schlucht von Mauvoisin. Der Eiskegel bildete eine natü-
rliche Talsperre und schuf einen sechzig Meter tiefen See. Auf Anraten des Ingen-
ieurs Venetz schlug man eine Bresche und erreichte dadurch bereits eine Absenkung
des Seespiegels um einen Drittel. Doch unterdessen frass sich das Stauwasser al-
lmählich durch alle Eisritzen, schliesslich brach der Eisdamm und löste eine Flut-
welle aus, die in wenigen Minuten Tod, Schrecken und Zerstörung entlang der Dranse
bis nach St-Maurice brachte. Dank der Staumauer ist eine ähnliche Katastrophe heute
nicht mehr zu befürchten, aber ein Gletscherabbruch ist und bleibt eine Bedrohung.
Daher werden die Gletscherbewegungen mittels moderner Messapparaturen ständig
beobachtet.
Hier auf dem Col Termin stehen einem zwei Möglichkeiten zur Fortsetzung der Wande-
rung offen. Von hier entweder Richtung Süden zu den Têtes de Louvie oder nordöst-
lich über Lui Tsardon absteigen. Die zweite Variante ist zeitaufwendiger, doch
empfehlenswerter, da sie einen einmaligen Blick auf das Louvie-Becken und das Com-
bin-Massiv bietet. Unterwegs hat man zudem Gelegenheit, einen Gewölbestall aus Tro-
ckenmauerwerk zu bewundern, das nur aus Steinen und Erde der unmittelbaren Umgebung
besteht. Auf den Alpen des oberen Val de Bagnes findet man mehrere dieser charakte-
ristischen Ställe, die unter Denkmalschutz gestellt wurden. Vom Col Termin biegen
wir wie geplant scharf nach links in den Louvie-Kessel ab. Der Pfad quert danach
ein Stück weit die steilen Bergflanken von Lui Tsardon und erreicht die Weggabelung
bei Punkt 2628 m.ü.M. Hier biegen wir rechts ab und wanderen über einen Zickzackweg
zum Plan da Gole 2418 m.ü.M. hinab. Hier biegen wir wieder rechts ab und laufen nun
weiterhin alles abwärts Richtung See. Die eisgepanzerte Combin-Gruppe im Hintergrund
des Lac de Louvie ist ein Bild für die Götter! Auf 2215 m.ü.M. erreichen wir den Lac
de Louvie und den vorher erwähnten Stall.
Der mit einem Dachgewölbe versehene lange Stall wurde dreimal restauriert nachdem
er als Folge des steigenden Wasserspiegels im nahe gelegenen See wieder und wieder
eingestürzt war. Schliesslich baute man in die Seitenmauern kleine Betonpfeiler ein,
wohlwissend, dass man damit althergebrachtem baumeisterlichem Können unrecht tat.
Unter dem schweren Steinplattendach versteckt sich das ausgeklügelte Trockenstein-
gewölbe. Weder Beton noch Zement wurden beim Bau im 19.Jahrhundert verwendet, wohl
aber gegen 1200 Tonnen Erde und Steine. Diese Baukunst stammt wahrscheinlich aus
dem benachbarten italienischen Aostatal. Eine lange Erdanhäufung diente als Scha-
lung fur das Gewölbe. Als dieses selbsttragend zusammengefühgt war, konnte die Erde
aus dem tunnelähnlichen Gebäude entfernt werden.
Am westlichen Ufer des Lac de Louvie entlang, steuern wir nun die auf dem südlichen
Seehöcker gelegene gleichnamige Cabane an 2250 m.ü.M.
Cabane de Louvie
Hier auf der schönen Terrasse mit Blick auf den See, legen wir eine Kaffeepause ein,
und geniessen einen feinen Kuchen. Schweren Herzens verlassen wir nach dieser schönen
Pause die schön gelegene Hütte, und nehmen den Abstieg unter die Füsse. Der Richtung
Süden verlaufende Weg nach Fionnay führt zunächst zu einer Brücke 2207 m.ü.M. über
die Dyure de Louvie. Auf dem Abstieg präsentiert uns die prachtvolle Pflanzenwelt ei-
nige seltene Exemplare. Die Weisse Trichterlilie kommt zum Beispiel in dieser Gegend
relativ häufig vor. Am Graben des See-Abflusses führt der Talweg zum teil gesichert
steil hinab. Sobald man auf die ersten Bäume stösst biegt der Weg nach links über
das Val de Bagnes ein, und führt durch die von Felsen durchsetzte Flanke des Couloirs
des Montis 1859 m.ü.M. zu den Steilwiesen über Fionnay, das man über wenige Serpenti-
nen erreicht. In Fionnay 1492 m.ü.M. überqueren wir die Hauptstrasse und laufen zum
alten Dorfteil von Fionnay. Der Dorfkern von Fionnay besteht heute noch hauptsäch-
lich aus alten Walliser Häuser. Beim Restaurant Le Mazot,
Le Mazot
geniessen wir ein kühles Bier und warten auf das Postauto das und danach nach
Le Châble zurückfuhr. Mit dem Auto fuhren wir danach nach Martigny ins Hotel.
Martigny Hotel
In diesem Hotel fühlen wir uns schon fast wie Zuhause.
Das Hotel kann man nur empfehlen.

Gute und markierte Wege,
teilweise aber durch recht
steile Flanken, daher ist
Schwindelfreiheit und
Trittsicherheit
Voraussetzung.
Einige abschüssige Stellen
sind mit Seilen gesichert.
Schöner Panoramaweg, der
Lac de Louvie ist besonders
sehenswert.
Keine grösseren Schwierig-
keiten, jedoch Erfahrung
in unterschiedlichem
Gelände notwendig:
Schotterfelder, ein oder
zwei luftige Passagen.
Nach längeren Nieder-
schlägen besteht auf
dem Sentier des Chamois
Steinschlaggefahr.
Es ist eine Höhenwan-
derung, die Aussicht,
Pflanzen- und Tierwelt
vom Feinsten bietet.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 6 1/4 Std. 18,8 km
ca.1120m Aufstieg
ca.1815m Abstieg
2646m höchster Punkt
1492m tiefster Punkt

Über einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuen

Manuela & Franco



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