Tessin - Geschrieben am Samstag, September 21, 2013 12:48 von Franco - 0 Kommentare

Bergtour Lavertezzo – Pizzo d’Eus

21.9.13

Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Bergtour Lavertezzo – Pizzo d’Eus

Mit dem Auto sind wir bis nach Lavertezzo 536 m.ü.M. ins Valle Verzasca gefahren.
Schon nach Lavertezzo beginnen wie überall im Tessin die Granittreppen und die
Bildstöckchen. Sie zeigen hundertfach den Leidensweg Christi, spenden Trost mit
der Muttergottes und werden von den Menschen des Ortes mit frischen Blumen
bedacht. Wer vom Norden kommt, keucht daran vorbei, sagt: «Oh mein Gott»,
und meint die Steilheit der Treppen, die Hitze und die Feuchtigkeit, die sich schon
bald vom Rücken herkommend ausdehnt auf Stirne, Bauch und Beine. Der Weg
von Lavertezzo im Val Verzasca hinein ins Val Carecchio ist Tessin, tiefstes Tessin.
Wild, unwegsam, steil. Zuerst sind es nur die Flanken, in die sich der Fluss tief
eingefressen hat. Dann, ab der Alpe Rodana, ist es auch der Weg. Steil, verdammt
steil. Aalglatt laufen Plattenschüsse in überhängende Felsriegel aus, und an gewis-
sen Stellen sind Stufen in den Fels gehauen, um der Aufstiegsroute noch den An-
schein eines Bergweges zu geben. 1300 Höhenmeter sind es von Lavertezzo bis
zum Pizzo d’Eus. Das ist unterer Durchschnitt im Tessin. Aber trotzdem anstren-
gend. Umso unglaublicher, was uns oben erwartet. Ein ausladendes Plateau mit
neun Berghütten drauf. Die totale Idylle zwischen zwei Abgründen. Schafe
schmiegen sich an die schmalen Schattenstreifen entlang der Hüttenmauern,
Schwalben üben sich im Tiefflug. Ringsum Berge. Nur Berge. Ein paar bekannte,
wie der Poncione d’Alnasca. Die meisten aber unbekannt, wie der Matarello oder
der Tòr. Diese beiden stehen zwischen der Val d’Agro und der Val Pincascia, und
der Tòr ist der Wachtturm vorne in der Mauer zwischen den beiden Tälern. Die
gleiche Position hat auch der Pizzo d’Eus inne, zwischen der Val Pincascia im
Norden und der Val Carecchio im Süden. Gleichzeitig fusst seine Nordflanke
noch im Agro-Wasser. Der Pizzo d’Eus bewacht also die drei Seitentäler, die bei
Lavertezzo in die Val Verzasca münden. Ein paar Häuser von Lavertezzo sind
vom Pizzo d’Eus sichtbar, und weit, weit draussen erblickt man noch den künst-
lichen Lago Delio, hoch oberhalb des Lago Maggiore, schon jenseits der Schwei-
zer Grenze. Aber sonst bestimmen nur Berge den Gesichtskreis. Berge, und wenn
man genau hinschaut, Hütten. Die grossen Alpställe von Mazer am Weg von der
Capanna Efra nach Agro sind von blossem Auge sichtbar. Um andere Gebäude
zu sehen, bräuchten wir ein Fernglas. Wir müssen es nicht zücken. Denn die
schönst gelegene Alp liegt nur zehn Minuten vom Pizzo d’Eus entfernt, und sie
ist das eigentliche Ziel der Wanderung, nicht der Gipfel. Da er aber so leicht und
rasch erreichbar ist, wollten wir ihn nicht auslassen. Doch dann kehrten wir
zurück auf die Alpe d’Eus. Wieder müssen wir sagen: Was für ein Ort! Neun
grössere und ein paar kleinere Gebäude, hineingestellt in einen Grassattel hoch
oberhalb tief eingeschnittener Täler. Ringsum Abgrund, Leere, haltlose Flanken,
und dann diese sanfte, leicht gekrümmte Fläche mit den Steinhütten. Und was
für Hütten! Perfekt erhalten, perfekt restauriert. Nur Stein, wenig Holz, sonst
nichts. Zwei Wohnhäuser, erkennbar am Kamin, sieben Ställe, scheinbar zufällig
gruppiert und doch nicht. Sie stehen so da, dass sich immer wieder neue Anblicke
und Ausblicke ergeben. Steht man mittendrin auf dem grasigen Platz, so sieht
man ringsum nur Hütten, und in einem weiteren Kreis nur Berge. Dort oben
möchte man Ferien in den Bergen verbringen. Hoch über den Niederungen.
Fern vom Alltag. Für diejenigen, welche diesen Platz gefunden, den Weg durch
die Plattenfluchten erstellt, immer wieder erstellt und die Hütten erbaut haben,
war es der Alltag. Entbehrungsreicher Alltag, begrenzt von Bergen. Da sitzen
nicht nur wir zwei, denken wir, da muss auch Gott hocken. Murmelnd entschuldige
ich mich für die Flüche im Aufstieg. Die nötige Demut, um einem solchen Ort zu
begegnen, stellt sich von alleine ein. Trotzdem: Wir sind nicht unglücklich, nicht
denselben Weg wieder absteigen zu müssen. Denn da gibt es eine andere Route,
die sanfter absteigend ins Val Carecchio hineinführt. Jetzt nur kein Gewitter,
sonst werden die Rinnsale, die zwischen den Felsstürzen über und unter uns
herunterrieseln, urplötzlich lebendig und verwandeln die Traverse in eine Rutsch-
bahn mit Wasserspülung, wie sie in grossen Bäderparks anzutreffen sind. Die
Strecke, die man nun aber ins Tal hineingeraten ist, muss man auch wieder zu-
rück. Das ist aber diesmal kein Zwang, sondern reine Freude. Denn der Fluss ist
nichts anderes als eine Klein- Verzasca, die wie die grosse Schwester glatt ge-
schliffene Granitrundhöcker umspielt, glasklare Bassins ausgehobelt und eine
Bäderlandschaft kreiert hat, wie das eben nur die Natur kann. Leichten Schrittes
wandeln wir hinunter nach Lavertezzo, jedem Bildstöckchen unsere Reverenz
erweisend und beglückt, dem Göttlichen in der Natur so nahe gewesen zu sein.
Vom südlichen Ortsteil von Lavertezzo 536 m.ü.M. auf dem Wanderweg hinauf
in den Ortsteil Rancone 667 m.ü.M. mit seinen schönen Häusern. Am oberen
nördlichen Rand beginnt der Weg in das Val Carecchio. Zuerst an-, dann abstei-
gend zum Steg 674 m.ü.M. über den Talbach. Bei der folgenden Wegverzwei-
gung rechts, bei der nächsten wenig später links (EOS an einem Felsblock an-
geschrieben). Steil und ruppig ging es danach aufwärts zur aufgegebener Sie-
dlung Rodana 861 m.ü.M. und weiter auf einem schmalen Pfad zu riesigen
Plattenschüssen. Sie werden schräg rechts aufsteigend gequert; Schlüsselstelle
mit aus dem Fels gehauenen Stufen und mit Ketten. Teilweise braucht es ein
bisschen Mut diese Platten zu überwinden, nichts für schwache Nerven oder
Menschen die nicht schwindelfrei sind. Wir bogen in eine Südmulde hinein
und bogen durch diese im Zickzack ständig steil aufwärts zur Alpe d’Eus
1603 m.ü.M. hinauf. Auf der Alpe d’Eus legten wir unsere wohlverdiente Mittags-
pause ein. Was für ein Genuss! Auf Pfad leicht über den teilweise grasigen, felsi-
gen und leicht bewaldeten Ostrücken auf den Pizzo d’Eus 1728 m.ü.M. Vom
Gipfel zurück zur Alp. Bei der letzten Hütte bogen wir nicht in den Weg von wo
wir gekommen sind, sondern liefen ein bisschen weiter geradeaus. Keine Weg-
weiser vorhanden. Auf einem Felsbrocken ist der Hinweis: Val Carecchio
schwach ersichtlich. Südwärts flach liefen wir zu den untersten Hütten von
Arossa 1623 m.ü.M. Nun beginnt der lange Abstieg durch die Steilflanke in den
Talgrund des Val Carecchio, auf schmalem Waldweg durch Rinnen und um Rü-
cken herum, oft unterhalb himmelwärts strebender Plattenfluchten, (aber auch
oberhalb des nur ahnbaren Abgrundes). Der Weg ist oft nicht ersichtlich. Keine
Markierungen oder Hinweise vorhanden. Nur für geübte Bergwanderer. Wir errei-
chten den Talweg rechts eines Wasserfallbeckens 1159 m.ü.M. Hier legten wir eine
kleine Pause ein. Traumhaft schöner Ort. Hier könnte man gut einen Werbefilm
drehen für Duschprodukte. Ein schöner Wasserfall, glasklares Wasser, alles rund-
herum knallgrün einfach schön. Wir haben aber kein Bad genommen, was wir
aber unglaublich gerne gemacht hätten, das Wasser ist einfach zu kalt. Talaus-
wärts dem Fluss entlang über Monte della Valle 995 m.ü.M. zur Verzweigung
unterhalb Rodana. Wie beim Hinweg zurück nach Lavertezzo. In Cavigliano
haben wir im Hotel Tentazioni unser Zimmer bezogen.
Hotel Tentazioni
Sehr schönes Hotel. Das Zimmer und das Bad sehr schön. Dario ein sehr
freundlicher und zuvorkommender Gastgeber. Wir fühlten uns sofort wohl.
Für das Nachtessen fuhren wir ins nahgelegene Ascona zur Osteria Nostrana.
Osteria Nostrana
Ascona – an der Piazza, direkt am Seeufer, die Osteria Nostrana, beides
wohlbekannte Namen und geschätzte Orte. Im Restaurant viele Bilder und
Fotos, Schilder und Objekte, alle zusammen eine besondere Atmosphäre
ausstrahlend. Das Feuer im Pizzaofen, der sanfte Schein der Kerzen umrah-
men die mit Sorgfalt und Hingabe zubereiteten Speisen und ausgesuchten
Weine. Das kulinarische Angebot ist breit – bietet für jeden Gaumen eine
reiche Auswahl an Holzofen-Pizza, Pasta und traditionellen Fleischgerichten.
Auf der Terrasse dann mit Blick auf den See – die Sonne, die vielen flanie-
renden Menschen, runden das Bild ab für dieses Lokal, das anders ist als
alle anderen; hier fühlt man sich inmitten einer mediterranen Welt sofort
wohl und locker entspannt; träumen mit offenen Augen. Hier liesen wir den
ganz speziellen Tag ausklingen.

Madonna mia – die
Wanderung zur Alpe d’Eus
weckt Gottesfurcht.
Ein Ausflug in die Bergwelt
der Val Verzasca.
Auf schmalen Pfaden in glatt
geschliffenen Plattenfluchten.
Eine der eindrücklichsten
Alpsiedlung des Tessins.
Alpine Rundwanderung
im wilden Nordtessin.
Die Mühe ist gross,
aber sie lohnt sich!
Wanderweg oft
schlecht und steil.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 5 1/2 Std. 15,8 km
ca.1510m Aufstieg
ca.1510m Abstieg
1728m höchster Punkt
536m tiefster Punkt

Über einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuen

Manuela & Franco



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