Zentralschweiz - Geschrieben am Sonntag, August 28, 2011 21:29 von Franco - 0 Kommentare

Bergtour Salwidili – Hengst – Schibengütsch – Salwidili

28.8.11

Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Bergtour Salwidili – Hengst – Schibengütsch – Salwidili

Mit dem Auto bis zum Berggasthaus Salwidili 1353 m.ü.M. im Herzen des
Entlebuch. Das Entlebuch steht zwar etwas im Schatten der nahen grossen
Tourismusdestinationen Luzern und Interlaken. Mit der Einrichtung eines
Biospärenreservats haben die Entlebucher aber einen echten Coup gelandet.
Bereits im September 2001, nur gerade drei Jahre nach dem Startschuss des
Projekts, wurde der Biosphäre Entlebuch durch die UNESCO der offizielle
Status als Biosphärenreservat verliehen.
Biosphärenreservat
Ist vor dem Start einer Wanderung die Möglichkeit vorhanden, einen Kaffee
zu trinken, nehmen wir diese Pause immer gerne an. Im grossen und behä-
bigen Holzbau vom Berggasthaus Salwidili, das sich auf einer Wiesenterrasse
mit Blick auf die Schrattenflue und auf das Brienzer Rothorn befindet,
nahmen wir einen feinen Kaffee zu uns.
Berggasthaus Salwidili
Nach dem Besuch der Bruder Klaus Kapelle, die sich direkt neben dem Berg-
gasthaus befindet, starteten wir die Wanderung. Zuerst durch einen kleinen
Wald bis Punkt 1316 m.ü.M. Auf einer Fahrstrasse umrundeten wir den
Wagliseichnubel, und wanderten durch eine Moorlandschaft zu Punkt
1384 m.ü.M. und am Punkt 1392 m.ü.M. vorbei, Richtung Schlund. Das Entle-
buch kann mit einer ungewöhnlichen Kombination von Naturlandschaften
auftrumpfen. Nirgendwo in der Schweiz gibt es so viele und so ausgedehnte
Moorlandschaften wie hier, zwischen Wolhusen, Sörenberg und Marbach.
Mehr als hundert Quadratkilometer sind es, fast ein Siebtel des (kleinen) ver-
bliebenen Bestandes an Moorlandschaften in der Schweiz. Während dem lau-
fen Richtung Schlund, rückte die schroffe Kette der Schrattenflue immer näher.
Die Schrattenflue ein sechs Kilometer langer, bis über 2000 Meter hoher Berg-
rücken aus Kalk, der durch das Regenwasser zu einer bizarren, von Schründen,
Spalten und messerscharfen Graten durchzogenen Karstlandschaft zerfressen
wurde. Von Osten wirkt dieser Berg wie eine riesige, schräg gestellte Kalkplatte,
die inmitten grüner Voralpengipfel besonders ins Auge sticht. Die alten Sagen
des Entlebuch geben für das Naturwunder der Schrattenflue allerdings eine
ganz andere Erklärung. Danach lag hier einst die schönste Alp der ganzen Ge-
gend. Aufgrund eines bösen Fluches erschien jedoch eines Tages der Teufel,
zerriss die prächtige Weide und kratzte alle Erde weg. Die Spuren dieser teu-
flischen Krallen sind heute noch in dem nackten, geriffelten Fels zu sehen.
Das Gebiet der Schrattenflue steht unter Naturschutz und gilt als Landschaft
von nationaler Bedeutung. Über Schlund 1477 m.ü.M. erreichten wir wieder-
um auf einer Fahrstrasse, Sihlwängen 1569 m.ü.M. Beim Bauernhof, biegt der
Wanderweg nun abrupt aufwärts. Über Weiden und Wiesen ging es nun von
hier aus bergwärts. Praktisch übergangslos folgte auf den Humusboden eine
wild zerfurchte Steinwüste. Für Wandernde ist dies ein eigentliches Stolper-
gelände, sobald ein Fuss neben den Weg gesetzt wird. Bereits kleine Unach-
tsamkeiten können fatale Folgen haben, ist das Schrattengebiet doch mit
bodenlosen, kraterähnlichen Löchern und Einsackungen gespickt. Das ganze
Gebiet ist nämlich unterirdisch ausgehöhlt und durchwoben von einem Ge-
flecht von Höhleneingängen, ja ganzen Flüssen, die kilometerweit im Innern
des Berges verlaufen. Über diese Karrenfelder liefen wir aufwärts Richtung
Punkt 1841 m.ü.M. Der Weg ist sehr gut bezeichnet, alle paar Meter hat es
weiss-rote Markierungen. Die wilde Karstlandschaft ist ein fast undurchdrin-
gliches Gewirr von Schründen, zerfressenen Felsbändern, abgrundtiefen Lö-
chern und milimeterscharfen Graten. Wer hier in Gedanken versunken unter-
wegs ist oder es gar wagt, während dem Laufen die imposanten Eisriesen des
Berner Oberlandes zu bewundern, muss jederzeit mit aufgeschürfenen Hän-
den oder Knien rechnen. Wer aber vorsichtig und konzentriert unterwegs ist,
erlebt eine eindrückliche Landschaft und gelangt sicheren Fusses wieder auf
die grünen Matten weiter unten. Kurz nach Punkt 1841 m.ü.M. erreichten wir
eine Wegkreuzung. Hier bogen wir links ab und machten uns auf den Weg
Richtung Heidenloch. Beim Wandern konnten wir feststellen, ganz oben blau,
wo wir uns befanden, alles grau, tief unter uns alles grün. Wir befanden uns
auf eine öde, vom kohlensäurearmes Regenwasser ausgewaschene trockene
Wüste aus Kalkfelsen. Man möchte meinen, dass nur Märchengestalten Stei-
ne auspressen können, bis Wasser aus ihnen tropft. In gewissem Sinne ent-
spricht das jedoch der Realität, wenn wir an den Kalkstein denken. Kalk ist
wasserlöslich, was uns in Form des Kalkbelags auf Pfannenböden und in der
Waschmaschine tagtäglich vor Augen geführt wird. Wenn wir eine aussichts-
reiche Bergtour unternehmen und zugleich erfahren wollen, wie das Wasser
diesen Stein zerfrisst, lohnt sich ein Ausflug zur Schrattenflue. Nicht umsonst
wird Kalkgestein mit tiefen Rinnen, Furchen, Einsackungen und Dolinen in-
folge der teilweisen Auflösung offiziell als “Schrattenkalk” bezeichnet. Wir
erreichten den Heidenloch 1936 m.ü.M. Im Untergrund befindet sich eines
der grossen Höhlensysteme der Schweiz, mit zurzeit 250 erforschten Höhlen
von insgesamt 33 Kilometern Länge. Die Gegend um das Heidenloch ist wie-
der grüner als das vorhergehende Teilstück. Je höher der Aufstieg zum Hengst
dauerte, je imposanter wurde die Aussicht. Ohne ausgesetzte Stellen, erreich-
ten wir den Hengst. Mit 2092 Metern die höchste Erhebung der Schrattenflue.
Oben auf dem Hengst präsentierte sich uns, eine grossartige Aussicht von der
Zentralschweizer- bis zu den Waadtländeralpen, die in optimaler Distanz liegen.
Gegen Westen taucht das Gelände im Mittelland ab, und ganz hinten erstrecken
sich die Jurahöhen. Es war klar, dass wir hier oben, die Mittagspause einlegten.
Bei so einer schönen Aussicht, Käse, Brot, Wurst und etwas Süsses zu Essen,
ist immer ein Höhepunkt einer Wanderung. Nach der sehr schönen Mittags-
pause ging es weiter. Unser nächstes Ziel lautete nun der Schibengütsch. Über
ein horizontales, begrüntes Kammstück, wanderten wird über Punkt 2052 m.ü.M.
zu Punkt 2032 m.ü.M. Diese Gratwanderung zum Schibengütsch bietet alles was
eine gute Gratwanderung bieten kann. Traumhaftes Panorama zu den Berner
Alpen und immer der Sonne entgegen. Am markanten Türstenhäuptli vorbei,
wanderten wir bis am Fusse des Schibengütsch. Das letzte Teilstück zum Schiben-
gütsch ist steil, aber nicht ausgesetzt. Wir erreichten den Schibengütsch
2037 m.ü.M. und konnten mit Freude feststellen, genau wie beim Hengst, wieder
eine traumhafte Aussicht. Wie Zwillinge erscheinen im Hintergrund Eiger und
Mönch, davor die Gebirgskette zwischen Schwarzhorn und der Schynigen Platte,
im Vordergrund Hohgant und Brienzer Rothorn. Direkt unterhalb des Schiben-
gütsch liegt der Kemmeriboden, wo gerade ein Schwingerfest stattfand.
Landgasthof Kemmeriboden
Nach einer kleinen Pause, und nachdem wir uns sattgesehen hatten, wollten wir
nach Chlus absteigen. Um nach Chlus abzusteigen, benützt man normalerweise
den regulären Wanderweg, und zwar ist das der gleiche wie man auf den Schiben-
gütsch gelangt ist. Am Fusse vom Schibengütsch, bei der Wegkreuzung, biegt man
dann rechts ab Richtung Chlus. Wir nahmen aber ein viel interessanteren Weg
unter die Füsse. Eine nicht markierte, aber gut ersichtliche Wegspur, zieht sich
vom Gipfel des Schibengütsch, Richtung Osten am Grat des Schibenflue entlang.
Bei traumhafter Aussicht, verloren wir rasch an Höhe, bis der Weg um ein Fels-
band herum endete. Wir dachten schon, wir müssen nun zurückkehren aber wir
lagen komplett falsch. Im Felsen war ein Loch vorhanden, von Menschenhand
erweitert und zu einem Bunker ausgebaut. Das Militär hat während dem zweiten
Weltkrieg, wie an vielen Orten in der Schweiz, auch in diesem Gebiet Festungen
erbaut. 1934 errichtete die Schweizer Armee vom Hohgant bis zur Schrattenflue
die Sperrstelle Bumbachtal, mit zahlreichen Maschinengewehrständen. Dabei
wurden oft bereits vorhandene Karsthöhlen umfunktioniert und möglichst billig,
ohne Betonverkleidungen. Die Bauten sind heute als militäthistorische Objekte
von nationaler Bedeutung geschützt. Wir traten nun in diesen Bunker und trauten
unsere Augen nicht. Im innern des Bunker war eine Eisenleiter vorhanden. Über
diese konnten wir weiter absteigen. Nach einer zweiten Leiter und einem Militär-
unterstand erreichten wir den Boden des Bunker. Hier war auch der Ausgang
ersichtlich, den wir vorher wegen der Dunkelheit nicht gesehen hatten. Während
dem runterlaufen über die Eisenleiter, taten unsere Stirnlampen, die wir vorsor-
glich mitgenommen hatten, gute Dienste. Direkt nach dem Bunkerausgang war
auch der Bergpfad wieder ersichtlich, der einem nach Chlus bringt. Das Teilstück
vom Bunker bis nach Chlus hat es aber in sich. Der Weg ist ausserordentlich steil.
Bei Nässe und Altschnee nicht möglich und ist abzuraten. Bei trockenem Wetter
wie wir es hatten, ist er aber gut machbar. Trittsicherheit und gutes Schuhwerk
von Vorteil. Sollten andere Wanderer auf dem gleichen Wegstück sein, ist es von
Vorteil abzuwarten, bis diese das Steilstück hinter sich haben. Lose Steine auf
dem Weg, sind die grosse Gefahr. Rollt so ein Stein den sehr steilen Hang runter,
ist die Gefahr sehr gross, das dieser auf den Kopf von einem Wanderer fällt. Nach
diesem kurzen aber sehr steilen Hang, erreichten wir die Wegkreuzung bei Punkt
1757 m.ü.M. Über nun einen einfachen und über Weiden führende Wanderweg,
liefen wir geradeaus weiter, und erreichten kurz danach die SAC Hütte Chlus
1774 m.ü.M. Von hier aus, bietet sich wiederum eine sehr schöne Aussicht auf das
Dreigestirn, Eiger, Mönch und Jungfrau. Der Wanderweg, führte uns nun links
am Böli vorbei zu Punkt 1604 m.ü.M. Nun über einfache Wanderwege und durch
Wald und Weiden zurück nach Schlund 1477 m.ü.M. Hier nahm uns ein Ehepaar
mit dem Auto bis nach Salwidili mit.

Abwechslungsreiche aber
anspruchsvolle Bergwan-
derung, in alpinem Gelände,
mit wunderschöner
Aussicht auf die Berner Alpen.
Höhepunkt die Karstlandschaft
auf der Schrattenflue.
Die einzelnen Wegabschnitte
sind gut markiert, bei Nebel
können jedoch in den unüber-
sichtlichen Karrenfeldern
Orientierungsprobleme
auftreten.
Auf der zerschrundenen
Schrattenflue ist Vorsicht
geboten.
Felsspalten, feine, scharfe
Grate, erfordern gutes
Schuhwerk.
Die scharfkantige Schratten
sind bei Nässe glitschig.
Abseits der rot-weiss
markierten Wege ist
wegen Löchern und
Einsackungen Vorsicht
geboten.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 5 Std. 10,7 km
ca.940m Aufstieg
ca.825m Abstieg
2057m höchster Punkt
1315m tiefster Punkt

Über einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuen

Manuela & Franco



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