Graubünden - Geschrieben am Samstag, Oktober 31, 2015 19:09 von Franco - 0 Kommentare

Wanderung Splügen – Surettaseen

31.10.15

Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Wanderung Splügen – Surettaseen

Mit dem Auto bis nach Splügen 1457 m.ü.M. Auf den ersten Blick erinnert Splügen
im Rheinwald an Italien. Palastartige Steinhäuser beherrschen das Ortsbild. Kein
Zweifel, der einst so rege Verkehr über den Splügenpass hat viel Geld und einen
Hauch von Süden ins Bündner Bergdorf an der San-Bernardino-Route gebracht.
Bevor wir zu unserer Bergseen-Wanderung ins Surettagebiet im Osten der
Splügenpassstrasse aufbrechen, lohnt sich ein Gang durch die Siedlung. Nach
einigen Schritten schon wird ein zweites Splügen sichtbar. Hinter den prächtigen
Palazzi ducken sich bescheidene Holzhäuser. Plötzlich fühlt man sich ins Ober-
wallis versetzt. Und tatsächlich, der Eindruck trügt nicht. Von den rund 400
Einwohnern Splügens stammt rund die Hälfte aus dem Wallis. Es sind Walser,
deren Vorfahren im Mittelalter den weiten Weg hierher ins Bündnerland unter
die Füsse genommen haben. Mit einigem Stolz erwähnen die Walser von Splügen
ihre Herkunft, denn in ihrem Besitz befindet sich das älteste Walser Dokument
Graubündens. Das Pergament von 1286 enthält die Namen von 21 Familien, die
aus dem Oberwallis ins Rheinwald Gebiet gezogen kamen. Der Weg führte
damals über den Griespass ins Pomatt, das heutige Val Formazza auf italie-
nischem Staatsgebiet im Norden von Domodossola. In ihre neue, damals noch
menschenleere Heimat am Hinterrhein gelangten die Walser dann via Misox
und San Bernardino, den sie selber Vogelbergpass nannten. Wenn wir heute die
Wanderschuhe schnüren, tun wir dies ausschliesslich zum Vergnügen (und
vielleicht noch aus Gesundheitsbewusstsein). Früher brach man aus anderen
Gründen auf: Hungersnöte, Naturkatastrophen, Epidemien, Unterdrückung
mochten Gründe für die mittelalterliche Völkerwanderung aus dem Wallis ins
Bündnerland gewesen sein. Ferner kam hinzu, dass adlige Feudalherren die
Leerräume besiedeln wollten. Daher lockten sie Pioniere mit besonderen Rechten
an: eigener Gerichtsbarkeit, freie Jagd und Fischerei, Befreiung von Abgaben,
Vererbbarkeit der Lehensgüter…
Dies waren durchaus attraktive Bedingungen für ein Bergbauernvolk. Und da die
Oberwalliser als naturresistente Besiedler oberster Lagen galten, wurden sie von
den Feudalherren ermuntert, die noch unbewohnten Hochtäler Graubündens in
Besitz zu nehmen. Im heutigen Splügen beschleunigte die Schnellverbindung eine
Entwicklung, die schon vorher eingesetzt hatte: Der Anteil der Bauernbevölkerung,
bestehend aus alteingesessenen Walserfamilien, geht ständig zurück. Gegenwärtig
leben in Splügen nur noch etwa zehn Prozent der Einwohnerinnen und Einwoh-
ner von der Landwirtschaft. Die anderen Dörfer im Rheinwald, nämlich Hinter-
rhein, Nufenen, Medels und Sufers, sind allerdings noch stärker bäuerlich
geprägt. Im schönen Hotel Bodenhaus
Hotel Bodenhaus
haben wir eine kurze Kaffeepause eingelegt. Unsere Wanderung beginnt nicht
direkt in Splügen, sondern auf der anderen Flussseite. Wir überqueren über eine
Brücke den Hinterrhein und fahren noch ein kurzes Stück der Splügenpassstrasse
aufwärts bis kurz vor der ersten grossen Kurve. Beim grossen Parkplatz rechter-
hand parkieren wir das Auto. Ein paar Meter laufen wir auf der Splügenpassstrasse
aufwärts. Da wo die Strasse eine grosse Kurve macht bei Punkt 1492 m.ü.M.
zweigen wir links ab. Bei unserem Aufstieg zu den Surettaseen – vom Parkplatz bis
ans Ufer des Ober Surettasees gibt es eine einzige durchgehende Steigung zu
bewältigen. Bald einmal sind wir im Wald. Wir folgen diesem schönen Weg immer
steigend bis zu Punkt 1589 m.ü.M. Da zweigen wir rechts ab. Der Weg wird zum
Weglein. Es steigt und steigt. Der Zickzackweg im Lawinenschutzwald, dem
Fugschtwald, erlaubt immer wieder Tiefblicke auf das Dorf Splügen und das
Hinterrheintal. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatten Pläne bestanden, zur
Elektrizitätsgewinnung die ganze Talschaft unter Wasser zu setzen. Die vehe-
mente Opposition der schollenverbundenen Einwohner liess solche Pläne dann
allerdings scheitern. Heute begnügen sich die Stromerzeuger mit einem kleinen
Stausee bei Splügens Nachbardorf Sufers. Über grosse Kehren, vorbei an Punkt
1824 m.ü.M. gewinnen wir weiter an Höhe. Bei Franzisch Grind 1977 m.ü.M. ist
der Wald endgültig fertig. Es schöner Blick auf Splügen belohnt den Aufstieg.
Während dem Wandern stossen wir immer wieder auf Flurnamen, die von der
Walser Bergbauernkultur berichten. Wichtig sind offenbar Besitzverhältnisse:
Bezeichnungen wie Franzisch Grind (ein Geländebuckel an der Waldgrenze bei
2000 m.ü.M.) oder Marti Simmesch Stäfeli (eine langsam zuwachsende Wald-
lichtung mit zerfallender Hütte). Weitere Namen an oder wenig neben dem
Wanderweg weisen auf wirtschaftliche Aktivitäten hin: Unter Rütelti und Ober
Rütelti als Rodungszonen zur Gewinnung von Wiesland, Mülenen als Standort
einer Mühle – früher wurde hier oben auch noch Getreide angebaut -, Gemsch-
löcher als Jagdgebiet, Stralen als Kristallfundort…
Die Rundsicht wird immer weiter und prächtiger. Es wird nun auch etwas
flacher. Mit Erreichen der Waldgrenze auf der Geländeschulter bei Franzisch
Grind verklingt endlich das Motorengebrumm von der San-Bernardino-
Nationalstrasse: Fortan erfreuen wir uns der schönsten Bergesstille! Splügen
selber erlebte ebenfalls verschiedene Zeiten der Ruhe und des Verkehrs.
Impulse brachte der Handelstransit über den 2115 Meter hohen Splügenpass
von und nach Italien. Als Etappenort an der 1823 eröffneten Alpenstrasse
genoss die Ortschaft im 19.Jahrhundert eine Wirtschaftsblüte, verbunden mit
dem schon damals unvermeidlichen Bauboom. 500 Pferde waren hier statio-
niert und die Einheimischen fanden Arbeit als Wegmacher, Säumer und
Postillone. Nach 1882 kam die Betriebsamkeit rasch zum Erliegen: Die neue
Gotthard-Eisenbahnlinie zog nun allen Transitverkehr an sich. Die Ruhe im
Rheinwald dauerte genau bis zum 1. Dezember 1967. Damals wurde die
Nationalstrasse N13 mit dem San-Bernardino-Tunnel eröffnet. Kurz danach
erreichen wir Punkt 2066 m.ü.M. Bei dieser Weggabelung wandern wir weiter
geradeaus. Der Weg wird zunehmender steiniger und es steigt auch wieder
mehr an. Etwas abseits vom Wanderweg sehen wir unter uns der Unterer
Surettasee 2184 m.ü.M. Man sieht ihn erst, wenn man schon fast vorbei
ist. Im Hintergrund thront der Pizzo Tambo. Ein kurzer Anstieg von knapp
100 Hm muss nun noch bewältigt werden, bis sich plötzlich der Obere
Surettasee 2272 m.ü.M. von seiner schönsten Seite zeigt. Ein kurzes Stück
und wir sind am Wendepunkt unserer Wanderung bei der Seehütte ange-
kommen. Die “Seehütte” am Nordufer ist privat und bietet keine Einkehr-
möglichkeit. Hier bei der Seehütte legen wir die Mittagspause ein. Bei so
einer Aussicht und Rundsicht schmeckt das mitgenommene Picknick extra
gut. Mit ein bisschen Wehmut verlassen wir diese schöne Gegend mit
Bergsee. Auf gleichem Weg wie wir gekommen sind, geht es nun abwärts
bis zu der Weggabelung bei Punkt 2066 m.ü.M. Hier zweigen wir links ab
und wandern über einen breiten Alpweg über die Alpböden der Räzünscher
Alpen 1921 m.ü.M. Gleichmässig abwärts durchqueren wir einen lichten
Lärchenwald, und erreichen kurz danach Isabrüggli 1768 m.ü.M. und zugleich
die Splügenpassstrasse. Ein kurzes Stück wandern wir der Passstrasse hoch.
Zweigen dann rechts ab und steigen zur Talstation Bodmastafel 1784 m.ü.M.
vom Schlepplift hoch. Über die Via Spluga geht es jetzt nur noch runter.
Viamala
Via Spluga
Rechts von uns rauscht der Hüscherenbach. Gegenüber verläuft die Pass-
strasse. Kurz nach der Marmorbrücke 1697 m.ü.M. verlassen wir rechterhand
wieder die Splügenpassstrasse und wandern nun mehr oder weniger am Bach
entlang und zuletzt durch einen Tobel, bis wir wieder vor dem Parkplatz stehen,
wo unsere schöne Rundwanderung begonnen hat.

Einfache Wanderung
zu einem sehr schönen Bergsee.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 4 Std. 11,9 km
ca.910m Aufstieg
ca.910m Abstieg
2272m höchster Punkt
1480m tiefster Punkt

Über einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuen

Manuela & Franco



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