Wallis - Geschrieben am Mittwoch, August 1, 2018 20:51 von Franco - 0 Kommentare

Wanderung Grengiols – Twingischlucht – Binn

1.8.18

Alle Fotos zu dieser Tour unter diesem Link ersichtlich:
Wanderung – Grengiols – Twingischlucht – Binn

Gut haben wir im Hotel Tenne in Reckingen geschlafen.
Hotel Tenne
Nach einem stärkenden Frühstück starten wir unsere heutige Wanderung. Mit dem
Auto fahren wir zum Bahnhof von Grengiols. 890 m.ü.M. In Grengiols steht das
Stationsgebäude einsam und verlassen etwas oberhalb der Schlucht, die der Rotten
(die Rhone) tief ins Gestein gefressen hat. Das enge, zerklüftete Untergoms bildet
einen eindrücklichen Gegensatz zum offenen Talboden des Obergoms. Auf der Höhe
von Grengiols müssen die Kantonsstrasse und die Bahn in Kehren ausholen, um das
Gefälle zwischen dem oberen und dem unteren Goms zu überwinden. Da der Bahnhof
von Grengiols sich unterhalb vom eigentlichem Dorf befindet, heisst es zuerst aufwärts
laufen. Wegweiser und Markierungen leiten uns auf die Hauptstrasse, die sich in drei
grossen Kurven bergauf windet. Nach zehn Minuten Fussmarsch erreichen wir das
typische Walliser Dorf Grengiols 995 m.ü.M. Aufgrund seiner Lage wird Grengiols
jeweils für den Zeitraum von Ende November bis Mitte Januar nicht von der Sonne
beschienen. Die teils prächtigen Holzhäuser lassen vergessen, dass im Jahr 1799
Österreichische Soldaten auf der Flucht vor den französischen Truppen “Grängelsch”
in Schutt und Asche legten und das Dorf in bittere Armut stürzten. Grengiols wurde
nach der Feuerbrunst komplett neu aufgebaut und ist heute im Bundesinventar der
schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung verzeichnet. Das
Dorf selbst bleibt vom Verkehr unberührt. Das war nicht immer so: Zur Zeit der Rö-
mer spielte Grengiols als Umschlagplatz auf der Handelsroute über den Albrunpass
eine wichtige Rolle. Charakteristisch ist der alte Dorfplatz mit seinem torartig veren-
gten Zugang, der zu einem von geschlossenen Häuserfronten umgebenen Platz führt;
von dort steigt der strassendorfartige Dorfteil steil eine enge Rinne empor, an deren
Endpunkt Kirche, Pfarrhaus und Schulhaus einen besonderen Siedlungsakzent setzen.
Bei der Kirche biegen wir links ab, durchqueren das Oberdorf folgen einer lang gezo-
genen Strassenkurve durch das Tobel des Milibachs, und erreichen den Weiler Bächer-
hyschere 1037 m.ü.M. oder auf Deutsch Bächerhäusern. Die Gegend um Grengiols ist
bekannt für die weltweit einzige Tulpenart, die nur noch in dieser Gemeinde vorkommt.
Es handelt sich hierbei um die Grengjer-Tulpe oder in der Fachsprache Tulipa grengio-
lensis. Die Wildtulpe kommt in ihrer gelben und rotrandigen Varietät nirgendwo sonst
auf der Welt vor. Bei Bächerhyschere durchqueren wir den ersten von zwei Lawinen-
tobel. Am 19. April 1904 zerstörte eine Lawine hier das ganze Dorf, und riss 13 Perso-
nen in den Tod. Unvermittelt öffnet sich die Sicht auf das Becken von Fiesch und die
Terrasse von Ernen. Dahinter setzt der lange, vom eiszeitlichen Rhonegletscher aus-
geschliffene Trog des oberen Goms an. Links zu unseren Füssen schlängelt sich die
Binna durch einen tiefen Graben. Der Wanderweg führt uns nun über Wiesen und
Weiden nach Viertel 1087 m.ü.M. und danach durch den zweiten Lawinentobel. Ge-
mütlich wandern wir auf einem breiten, sanft ansteigenden Natursträsschen und
sprechen über die Schmuggler und Händler, die in den ersten nachchristlichen Jahr-
hunderten auf der gleichen Route von Brig über Grengiols den Albrunpass anpeilten.
Aber auch die alten Eidgenossen benutzten den Übergang nach Italien – zum Beispiel,
als sie handstreichartig Domodossola einnahmen. Friedlichere Absichten hatten die
Walser, als sie über den Albrun und via das Formazzatal nach Bosco Gurin ins heutige
Tessin zogen. Teilweise durch Waldpartien, teilweise an Wiesen und Weiden vorbei,
erreichen wir Hockmatta 1228 m.ü.M., eine Streusiedlung, in der bis Mitte des 20.Jahr-
hunderts mehrere Familien lebten. Da der Weg nach Grengiols lang und lawinenge-
fährdet war, wurden die Kinder in einer eigenen Schule unterrichtet. Bei der schön ge-
legenen Kapelle des Weilers Blatt 1275 m.ü.M., legen wir eine kleine Pause ein, und be-
suchen die schöne Kapelle. Der Name Blatt heisst eigentlich “Platten”, gemeint sind
vom Gletscher glatt geschliffene Felsen unterhalb der Kapelle. Diese ist übrigens dem
heiligen Jakob gewidmet. Auf dem Wegweiser bei der Kapelle bemerken wir, das wir
zurzeit auf dem Jakosbweg laufen, der von Disentis her, ins Wallis führt. Sofort wer-
den bei uns viele Erinnerungen wach, als wir auch auf dem Jakobsweg waren, durch
die ganze Schweiz, durch Frankreich und zum Schluss durch Spanien. Hier bei der
Kapelle biegt der Graben der Binna jäh nach Süden zur Twingischlucht ab. Gleiches
gilt für unseren Wanderweg. Wir wandern weiter durch dichten Fichtenwald. Eine
lichte Stelle gestattet einen Blick auf Ausserbinn auf der anderen Talseite. Nun geht
es bergab zur Römerbrücke. Nach einem kurzen Abstieg durch einen schattigen
Wald überqueren wir die Binna auf einer malerischen Steinbrücke 1199 m.ü.M., die
“Römerbrücke” genannt wird, von der man aber weiss, dass sie aus dem Mittelalter
stammt. Auf der anderen Talseite gehts steil aufwärts nach Steinmatten 1310 m.ü.M.
und zur Strasse, die von Lax über Ernen und Ausserbinn ins hintere Binntal führt.
Doch keine Sorge, die asphaltierte Strasse verschwindet alsbald in einem 1,8 Kilo-
meter langen wintersicheren Tunnel, der Fussgängern jedoch verwehrt ist. Um der
Abgeschiedenheit und Abgeschlossenheit im Winter ein Ende zu bereiten, hat sich
die Gemeinde 1962 entschlossen, einen Tunnel zu bauen, welcher dann 1964/65
fahrbereit war und Binn so auch ganzjährig erreichbar wurde. Diese Investition hat
sich sicher gelohnt, trotz den hohen Kosten, welche die Gemeinde übernehmen
musste. Wenn dieser Schritt damals nicht gewagt worden wäre, müsste Binn nicht
erst heute um das Überleben kämpfen, dann hätte die Abwanderung schon in den
sechziger Jahren verstärkt eingesetzt. Das Binntal versteckt sich gut vor dem Rest
der Welt. Man kann zehnmal mit der Bahn oder mit dem Auto durchs Goms fahren,
ohne seine Existenz auch nur zu vermuten. Wer in alten Zeiten von Grengiols, wo
sich die schäumende Binna in die Rhone ergiesst, ins Tal steigen wollte, kam nicht
darum herum, den gefährlichen Pfad durch die Twingi, die enge, dunkle Schlucht
am Taleingang, unter die Füsse zu nehmen. Der Anblick dieser eindrucksvollen
Schlucht, in welche auf langen Strecken kein Sonnenstrahl durchzudringen vermag,
ist von recht wilder und eigenartiger Schönheit. Man begreift den mit Aberglauben
vermischten Schrecken der alten Talbewohner, welche die Twingi nur zu passieren
wagten, nachdem sie die in einem alten Tannenstamm eingelassene Madonna um
Schutz und Beistand angefleht hatten. Wer heute möglichst schnell ins Binntal ge-
langen will, kann dies bequem und ohne gruselige Abenteuer tun, die Twingischlucht
wird in diesem -schon vorher erwähnten- Tunnel umfahren. Tritt man aus dem
Tunnel wieder ans Tageslicht, steht man unvermittelt fast im Herzen des Tals, dort
wo von Süden her das Lengtal sich mit dem Binntal vereinigt. Vor dem Portal des
Tunnels zweigt der Wanderweg rechts ab, und wir können unsere Wanderung auf
der alten, teilweise bereits wieder mit Grün überwachsenen Strasse fortsetzen. Sie
präsentiert sich als lang gezogene Terrasse entlang steiler Felshänge und bietet einen
spektakulären Tiefblick in die wildromantische Twingischlucht. Die Strasse ist im-
mer noch im Zustand von 1938, ohne Asphalt, mit Tunnels in den Felsen gehauen.
Taschenlampen werden nicht gebraucht. Die Twingi gehört zu den eindrücklichsten
Naturschauspielen des Landschaftspark Binntal.
Landschaftspark Binntal
Jeweils zwischen Mitte Juni und Mitte Oktober ist eine Ausstellung von LandArt-Wer-
ken in der Twingi zu sehen. Wir erreichen das Ende der Twingischlucht und gleichzei-
tig den kleinen Stausee 1309 m.ü.M. Über unsere Köpfe tauchen die Autos aus dem
Tunnel heraus und fahren weiter ins Binntal hinein. Bereits vor zirka 2400 Jahren
begann sich das Binntal zu bevölkern, dies bezeugen viele Gräberfunde, welche zum
Teil auch im Museum ausgestellt sind. Früh wurde die sehr günstige Verbindungsach-
se Oberwallis-Binntal-Italien erkannt. Der Albrunpass bot den Einheimischen, aber
auch den handeltreibenden Oberwallisern einen relativ bequemen Übergang Richtung
Süden. Dieser Pass blieb bis zum Bau der Simplonstrasse von grosser Bedeutung. Es
sind noch an vielen Stellen Reste dieser Handelsstrasse sichtbar, als stumme Zeugen
vergangener Zeiten. Die Binner verfügten, dass kein Talgut an Auswärtige verkauft
oder verpfändet werden durfte. Der Kampf der Binner galt aber nicht nur der Erreich-
ung grösstmöglicher Unabhängigkeit, sondern auch den Naturgewalten. Immer wieder
wurde fruchtbares Land, aber auch Heimstätten und Ställe von Lawinen (1888,1932,
1951 und 1999) und Überschwemmungen (1834) heimgesucht. Dies war schon immer
so, soweit es aus den Chroniken ersichtlich ist, bis zur heutigen Zeit. Die Geschichte
des Binntales zeigt die harten Lebensbedingungen einer kleinen Zahl Menschen auf,
die seit eh und je in der Abgeschiedenheit einer rauen Bergwelt um Freiheit und Exis-
tenz rang. Entlang am kleinen Stausee erreichen wir Ze Binne 1350 m.ü.M. Der beim
Zusammenfluss von Lengtalwasser und Binna über dem Stausee befindliche, wohl erst-
mals 1395 erwähnte kleine Weiler war seit jeher ständig bewohnt. Die Kapelle des hl.
Sebastian wurde 1725 erbaut, wie auf dem Bogen aus Giltstein (Speckstein) gehauenen
Portals noch zu lesen ist. Etwas unterhalb der Kapelle kann ein vor 1500 erbautes
Wohnhaus, ein sogenanntes “Heidehüs”, von der Art der ältesten spätmittelalterlichen
Häuser betrachtet werden. Dies ist eines der beiden im inneren Binntal noch erhalte-
nen “Heidehiischer”; das andere steht in Wilere. Ein 1628 erbautes Wohnhaus und
ein schlanker Speicher, beide auf hohen, steinernen Grundmauern, geben dem Weiler
sein besonderes Gepräge. Zufrieden so etwas Schönes gesehen zu haben, bleiben wir
der Binna treu und schlagen den Weg über Wilere nach Schmidigehischere, heute
kurz Binn genannt ein. Wir durchqueren ein Waldstück, laufen ein kurzes Wegstück
steil aufwärts, und stehen vor der interessanten Pfarrkirche von Wilere 1419 m.ü.M.
Hier oben geniessen wir eine sehr schöne Aussicht auf Binn und das Binntal. Wir ver-
lassen die Kirche von Wilere laufen das kurze Stück wieder abwärts, und biegen da-
nach rechts auf die Fahrstrasse die uns nach Binn 1400 m.ü.M. führt. Schon von wei-
tem sind die vierhundert Jahre alte Steinbrücke und die Antoniuskapelle zu sehen.
Auch das Ofenhorn, eines der ältesten Gommer Hotels, ist im Ensemble der dunklen
Holzhäuser nicht zu übersehen. Spätestens auf dem Dorfplatz wird uns bewusst, dass
das Tal vor allem für seine Kristalle und seinen Mineralienreichtum berühmt ist. Das
Binntal war schon sehr früh bekannt geworden durch die Strahlerei (Mineraliensuche),
sind doch sehr viele Erstfunde im Binntal gemacht und auch publiziert worden. Die
berühmte Grube von Lengenbach wurde um 1730 von Engländern gegraben, um das
Pyrit – ein schwefelhaltiges Eisenerz, im Volksmund Katzengold genannt – zu erkun-
den. Die Forscher mussten das Binntal jedoch bald fluchtartig verlassen, weil sie als
Nicht-Katholiken den Einheimischen nicht geheuer waren. Zu Beginn des 19. Jhr.
gab es dann aber kein Halten mehr: Aus der ganzen Welt reisten Strahler ins Binntal
und entdeckten über 100 Arten von Mineralien, darunter einige von Weltexklusivität.
1964 hat sich die Gemeinde entschlossen, einen Teil ihres Gebietes unter Naturschutz
zu stellen. Warum wohl haben sich die Binner zu diesem Schritt entschlossen? Sicher
waren es die schlechten Beispiele von andern Orten, ein überbordender Tourismus
und eine Verödung und Vergandung von Tälern durch die totale Ausnutzung der
Wasserkräfte. Dank diesem nicht alltäglichen Entscheid präsentiert sich das Binntal
heute so wie es nun ist, als eine einigermassen noch intakte Landschaft, Strom und
Telefon verkabelt, keine Seilbahnen etc., jährlich von vielen Touristen besucht und
bewundert. Der Wintertourismus hat hier noch nicht Einzug gehalten. In den wun-
derschönen Dörfern, sind keine Zweitwohnsitze aus dem Boden geschossen wie in
einigen anderen Walliser Bergorten. Das Binntal ist heute so beliebt wie ehedem.
Weil es eben anders ist. Direkt an der Binn legen wir die Mittagspause ein. Wir ge-
niessen das sehr gute mitgebrachte Essen und kühlen unsere Füsse in der eiskalten
Binna ab. Nach dieser schönen Mittagspause schlendern wir durch das Dorf, und
geniessen danach auf der schönen Gartenterrasse des Hotel Ofenhorn einen Kaffee.
Hotel Ofenhorn
Während der Kaffeepause und das gleichzeitige warten auf das Postauto geht uns das
Binntal nicht aus dem Kopf. Das Binntal ist kein dramatisch-hochalpines, spektaku-
läres Alpental, aber mit seiner harmonischen Mischung aus Kulturlandschaft und
unverbrauchter Natur wächst es jedem Besucher und jeder Besucherin sofort ans
Herz. Ohne vom Scheppern von Luftseilbahnen und dem Rauschen einer Durch-
gangsstrasse gestört zu werden, kann man hier in aller Ruhe ein stilles Bergtal ge-
niessen, und man fühlt sich leicht in eine beschaulichere, langsamere Zeit zurück-
versetzt. Mit dem Postauto fahren wir danach nach Lax ins Rhonetal, und von dort
mit dem Zug wieder nach Grengiols zurück. Mit dem Auto geht es danach wieder ins
Obergoms zum Hotel Tenne in Reckingen.
Hotel Tenne
Wir beziehen das schöne und geräumige Hotelzimmer machen uns frisch,
und fahren nach Geschinen zum Restaurant Baschi.
Restaurant Baschi
Da heute Feiertag ist (1.August) sind wir froh das wir einen Tisch reserviert haben.
Das Restaurant ist bis auf den letzten Platz ausgebucht. Das Essen ist sehr gut. Die
Bedienung freundlich und zuvorkommend. Glücklich einen schönen Wandertag
erlebt zu haben, fahren wir danach ins Hotel zurück.

Paradiesische Strecke
für Wanderer. Die alte
Strecke schlängelt sich
durch die wildromantische
Schlucht der Binna.
Ursprüngliche Walliser
Bergdörfer, spektakuläre
Wegabschnitte mit herr-
lichen Ausblicken prägen
die Wanderung.

Tourenblatt mit Wanderkarte und Höhenprofil
Link zu den anderen Wanderungen
Für die ganze Strecke benötigten wir ca. 2 1/2 Std. 11,5 km
ca.900m Aufstieg
ca.490m Abstieg
1400m höchster Punkt
960m tiefster Punkt

Über einen Eintrag in unserem Gästebuch
Link zum Gästebuch
würden wir uns freuen

Manuela & Franco



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